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»Betroffene dürfen Verkehrsmittel, die diesen Bereich passieren, nicht mehr benutzen« (Teil 3)



Innenminister Behrens kündigte im Vorfeld der Gesetzesänderung eine ›Präzisierung‹ der Rasterfahndung an. Für mich liest sich der neue Gesetzestext eher wie eine Ausweitung der Rasterfahndung. Festgeschrieben ist jetzt unter anderem: Die Polizei kann zur Ergänzung unvollständig übermittelter Daten die erforderlichen Datenerhebungen auch bei anderen Stellen durchführen. Ist Rasterfahndung überhaupt sinnvoll?

Bei der Rasterfahndung ist die hauptsächliche Änderung darin, dass bislang hier nur sogenannte dringende Gefahren verhindert werden durften, in Zukunft sollen es aber alle Gefahren sein. Das bedeutet: Das Merkmal des Dringenden ist weggefallen. An dieser Stelle war das alte Gesetz einerseits zwar begrenzend, zum anderen aber in gewisser Weise unlogisch. Dringende Gefahren sind Gefahren, die einerseits groß und andererseits zeitlich besonders nahe sind. Hier nur war es so, dass die normale Rasterfahndung so lange dauert, dass nahe Gefahren längst eintreten würden, bis die Rasterfahndung zu Ergebnisse führt. Die Folge in dem Zusammenhang war, dass das Gesetz zwar scheinbar die Rasterfahndung erlaubte, auf der anderen Seite die Voraussetzungen allerdings so eng zog, dass die Rasterfahndung praktisch nie hätte zur Anwendung kommen können.



In der alltäglichen Praxis der Polizei ist Rasterfahndung fast ein Fremdkörper. Das hängt damit zusammen, dass vorher, das heißt vor der Bedrohung, die Raster zu unbestimmt sind, in die man etwas eingeben kann. Man weiß nicht, was man sucht. Und man weiß dann auch nicht genau, welche Raster zu Grunde hätten gelegt werden können. Das heißt: Für die Abwehr bevorstehender Gefahren ist die Rasterfahndung regelmäßig untauglich. Es sei denn, es geht um Wiederholungs- oder Anschlusstäter. Dort kann sie ausnahmsweise einmal sinnvoll sein. Insgesamt ist die Rasterfahndung allerdings extrem wenig effektiv.



Diese Formulierungsänderung von ›dringenden‹ zu ›allen‹ Gefahren. Was bringt das konkret?

Damit wird die Begrenzung aufgehoben, dass nur kurzfristig bevorstehende Gefahren mit Rasterfahndung bekämpft werden können. Was bisher nicht ging: Die Rasterfahndung nach dem 11. September begann Ende Oktober 2001 und war Ende Mai 2002 abgeschlossen. Dann blieb ein Personensatz übrig, der noch von Hand überprüft werden musste. In Nordrhein-Westfalen waren das über 200 Personen. Von nahe bevorstehenden Gefahren konnte hier also ernstlich keine Rede mehr sein. Wenn die wirklich nahe bevorgestanden hätten, hätte die Rasterfahndung sie in keinem Fall wirksam bekämpfen können.




Greift die Rasterfahndung in Grundrechte ein?

Sie greift einerseits sehr schwerwiegend in Grundrechte ein und bringt auf der anderen Seite nahezu keine brauchbaren Ergebnisse. Dies hat insbesondere die Rasterfahndung nach dem 11. September gezeigt. Hier wurden mit großem Aufwand Millionen von Datensätzen verarbeitet. In der Wirklichkeit ist es so, dass es bislang praktisch keinen Erfolg gibt, in dem Verhaftungen oder erhebliche Ermittlungsmaßnamen gerade auf die Rasterfahndung zurückzuführen gewesen wären. Wenn überhaupt Leute mit Ermittlungsverfahren oder gar Anklagen überzogen worden sind, lag das an anderen Ermittlungsmethoden. Insbesondere im Polizeirecht ist die Rasterfahndung von der Anlage her, der Bekämpfung zukünftiger Bedrohungen, wenig sinnvoll. Die Berichte über Rasterfahndungen auch vor dem 11. September waren so spärlich, dass man insgesamt sagen muss: Dieses Mittel verspricht außerordentlich wenig Erfolg und ist von daher ganz besonders bedenklich.