Webwecker Bielefeld: muttertochter01

Und nicht wie meine Mutter!? (05.11.2003)




Pink und frech: So stellt sich die gegenwärtige Mädchengeneration ihr eigenes Dasein in Bezug zu ihren Müttern in Bildform vor

Mutter-Tochter Beziehungen können manchmal ganz schön schwierig sein. In Kooperation mit Mädchen der Brodhagen-Schule und der Musik- und Kunstschule entstand eine eindrucksvolle Bildausstellung, die seit Dienstag in der Beratungsstelle des Mädchenhauses gezeigt wird.




Von Manfred Horn

Haben Mädchen und junge Frauen Probleme, so ist das oft auch auf ein gespanntes Verhältnis zur eigenen Mutter zurückzuführen. Andersrum wissen Mütter oft keinen Rat mehr: Wie gehe ich nur mit meiner Tochter um? Eine besondere Zuspitzung erfährt der Tochter-Mutterkonflikt, wenn in der Familie Gewalt ausgeübt wird und die Mädchen Opfer und Zeuginnen von Gewalt sind, die meistens von den männlichen Familienmitgliedern ausgeht. Wenn die Mutter die Tochter dann nicht schützen kann, entstehe ein Bruch in der Tochter-Mutter-Beziehung, erklärt Ellen Solari, Psychologin und Mitarbeiterin der Beratungsstelle des Mädchenhauses. Die Töchter geraten dann in tiefe Zweifel an dem Wert und den Möglichkeiten weiblicher Existenz: »Dies kann zu ausgeprägten Störungen in der Entwicklung des Selbstwertgefühls und einer selbstbewussten weiblichen Identität führen«, erklärt Solari.

Es ist keineswegs so, dass die heutige Mädchengeneration ein befriedetes Verhältnis zu ihren Eltern hat. Heute sind es vor allem Migrantenkinder, die mit ihren Lebensentwürfen an den Vorstellungen ihrer Eltern abprallen. Aber nicht nur da, wo Identitätskonzepte und kulturelle Muster zusammenstoßen, wird ein stiller Kampf zwischen Tochter und Mutter geführt. »Tochter und Mutter, das ist ein lebenslanges Verhältnis«, sagt Solari.

Die Bilderausstellung beantwortet die Frage nach dem warum nicht, will sie auch gar nicht. Sie zeigt sehr expressiv, was da alles an Konfliktpotenzial einer Bearbeitung lauert. Die Mädchen, das zeigen die Bilder, sehen sich in ihrer großen Mehrzahl als frech, selbstbewusst. Haben eine Pippi-Langstrumpf in sich. Sie strecken ihre Zunge heraus, grenzen sich ab, fordern von ihren Müttern ein. Manchmal tanzt ihnen ihre Mutter auf dem Kopf herum, manchmal ist sie klein und wenig respektwürdig. Werden Forderungen nicht erfüllt, kann eine Mutter auch schon mal Gliedmaßen einbüßen, symbolisch-bildlich versteht sich. Wenig Harmonie, viel Spannung und manchmal sogar Gewalt, dies zeigen die Bilder. Es sind Bilder des Ungleichgewichts, des Suchens. Spannend auch, dass jüngere Mädchen eher sich selbst bildlich in den Mittelpunkt stellen, während ältere Mädchen ihre Mutter aufs Bild bannen.

Und alles ist Pink. Pink ist in – die Mädchenfarbe schlechthin. So gaben die Pädagoginnen und Lehrerinnen der Brodhagenschule und der Musik- und Kunstschule auch Pink vor – die Mädchen nahmen »ihre« Farbe begeistert an. Die beteiligten Klassen werden sogar noch ein weiteres halbes Jahr zum Thema arbeiten, in der Brodhagenschule im Rahmen des Wahlpflicht-Unterrichts.

Mit der Ausstellung, die mit Mitteln des Landesjugendamtes bezuschusst wurde, geht die Beratungsstelle des Mädchenhauses nach draußen, auch wenn die Bilder im Haus gezeigt werden. Bilder sind eben keine Beratungsarbeit, sondern öffentliche Ansprache, die zum Nachdenken anregt.


Die Ausstellung »Tochter-Mutter Mutter-Tochter ist noch bis Ende November in der Beratungsstelle des Mädchenhauses, Renteistraße 14, zu sehen. Die Öffnungszeiten können telefonisch unter 0521-173016 erfragt werden. Begleitet wird die Ausstellung durch eine Veranstaltungsreihe, jeweils Dienstag Nachmittag um 16.30 Uhr. Die Themen entnehmen Sie dem WebWecker-Veranstaltungskalender