Webwecker Bielefeld: arbeitsamtgutscheine01

Den Einzelfall im Blick (22.10.2003)



Aus Sicht des Arbeitsamtes Bielefeld ist das seit Januar 2003 eingeführte System von Bildungsgutscheinen eine deutliche Verbesserung gegenüber dem alten System, bei dem Bildungsmaßnahmen mit den Bildungsträgern abgesprochen wurden. Der Bildungsgutschein geriet in jüngster Vergangenheit in die Kritik, weil er angeblich das Aus für etliche Bildungsträger und häufig weniger statt mehr Wahlmöglichkeiten für die bildungssuchenden Arbeitslosen bedeute (WebWecker berichtete). Dem widerspricht Johannes Wiefel, Berater im Arbeitsamt Bielefeld.

Zwar bestätigte Johannes Wiefel dem WebWecker ein gewisses Durcheinander in den vergangenen Monaten: »2003 war ein Zwitterjahr. Bis Ende März lief noch das alte System von vereinbarten Bildungsmaßnahmen mit den Trägern. Seit April läuft das Gutscheinsystem«. Inzwischen sind 702 Gutscheine bewilligt, davon 111 storniert, 136 noch offen und 53 abgelaufen, ohne dass sie eingelöst wurden. Im Gegensatz zum alten System nehme man jetzt den Einzelfall noch differenzierter in den Blick: Welche Bildungsmaßnahme macht für den Arbeitslosen Sinn? Wiefel bestätigt aber auch, dass es eine Bildungshürde gibt: Eine Mindesteingliederungsquote in den Arbeitsmarkt von 70 Prozent müsse bestehen. D.h., wenn das Arbeitsamt nicht zu der Einschätzung kommt, dass eine 70-prozentige Chance auf einen Job nach der Bildungsmaßnahme besteht, bekommt der Arbeitslose dafür keinen Bildungsgutschein. »Wenn jemand über 50 Jahre ist und wechselnde Arbeitsstellen hatte, kann dies eintreten«, sagt Wiefel und bezieht sich damit auf das Beispiel eines über 50-jährigen Erwerbslosen aus der Druckvorstufe, der sich in diesem Bereich in Form von Computer-Programmen weiterbilden will. Abwägung sei gefragt: Wie entwickelt sich der Arbeitsmarkt, wie kontinuierlich ist die bisherige Arbeitsbiographie des Betroffenen.

Wiefel sagt auch, dass im Moment in Bielefeld keinerlei Umschulungen oder Fortbildungen mehr im Informations-Technologie-Bereich laufen. Der Arbeitslose, der sich beispielsweise im Bereich Desktop-Publishing weiter qualifizieren will, bekomme nicht selbstverständlich einen Bildungsgutschein: »Der Markt gibt, insbesondere im Zusammenhang von Berufen mit Internet, da zur Zeit nichts her«, sagt Wiefel. Dann mache es auch keinen Sinn, dort Qualifizierungen anzubieten. Ein guter Marktblick aber ist gefragt: Wenn das Arbeitsamt Bielefeld demnächst wie andere Arbeitsämter auch ihre sogenannte »Bildungszielplanung« für 2004 im Internet veröffentlichen, müssen sie die wirtschaftliche Entwicklung des kommenden Jahres voraussehen, da für bestimmte Arbeitsbereiche Bildungsgutscheine angekündigt werden. Nicht ganz einfach, weiß auch Arbeitsamtberater Wiefel: »Wir versuchen, die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zu prognostizieren. Aber: Irren ist möglich«. Alle Bildungsträger können sich auf die »Ausschreibung« bewerben und bekommen grundsätzlich auch die Zertifizierung, wenn ihr Angebot in Qualität und Preis stimmt. Der Preis darf dabei nicht über dem Bundesdurchschnittskostensatz – also dem durchschnittlichen Satz aller vergleichbarer Maßnahmen des vergangenen Jahres pro Teilnehmerstunde – liegen.

Doch auch wenn die Bildungsträger einen entsprechenden Zuschlag haben, führt dies nicht automatisch zu einer zustandekommenden Qualifizierungsmaßnahme. Steuerung seitens des Arbeitsamtes erfolgt darüber, dass pro Bereich nur eine bestimmte Anzahl an Gutscheinen vergeben wird, beispielsweise 20 Gutscheine für Reiseverkehrskaufleute, die dann innerhalb von drei Monaten eingelöst werden müssen. Das Szenario: Die 20 Arbeitslosen lösen die Gutscheine bei unterschiedlichen Anbietern ein. Die können aber jeweils keinen Kurs anbieten, weil für sie wiederum ein Kurs erst ab 15 Teilnehmern wirtschaftlich Sinn macht. »Den Fall, das gar kein Angebot zustandekommt, haben wir noch nicht gehabt«, äußert sich Wiefel.