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Erneut Bleiberecht für Roma gefordert (07.05.2003)



Drgoljub Achovic
Drgoljub Achovic: Besonders Kinder sind von Abschiebung betroffen





Die Verhältnisse für rückkehrende Flüchtlinge ins ehemalige Yugoslawien seien katastrophal, erklärte der Landtagsabgeordnete Rüdiger Sagel bei einer Veranstaltung in Bielefeld. Er fordert Bleiberecht für die hier lebenden Roma. Die Innenminsterkonferenz in der nächsten Woche wird dies aber kaum interessieren.








Von Manfred Horn

Rüdiger Sagel, grüner Landtagsabgeordneter im NRW-Landtag forderte am Dienstag Abend bei einer Veranstaltung im Haus der Kirche ein uneingeschränktes Bleiberecht für Roma. Insbesondere den Roma aus Serbien droht jetzt auch in NRW wieder die Abschiebung, nachdem die Landesregierung im vergangenen Winter als einziges Bundesland verfügte, vorübergehend keine Roma nach Serbien abzuschieben.

Die Verhältnisse in Kosovo und Serbien sei für rückkehrende Flüchtlinge katastrophal, resümierte Sagel Eindrücke, die er während einer Reise in die beiden Länder vor kurzem gewinnen konnte. In Kosovo und in Süd-Serbien, wo es inzwischen eine albanische Mehrheit gebe, fänden immer wieder Übergriffe gegen Roma statt. Er sah Roma, die in Belgrad auf der Müllhalde leben mussten: »Verhältnisse, wie ich sie aus Slums in Südamerika kenne. Das es so etwas auch in Europa gibt, war für mich neu«. Diesen Eindruck bestärkte Drgoljub Ackovic, Journalist aus Serbien und Vorsitzender von »Romainterpress«, einem publizistischen Verlag mit eigenem Radio, Kinderhort und Schule für Roma in Serbien. 90 Prozent der Roma in Serbien seien arbeitslos. Sie lebten vom Betteln, von »sekundären Rohstoffen«, also dem Sammeln von Papier, Glas und Metallen, und von Schwarzhandel in kleinem Umfang. Zwar gebe es inzwischen acht Kindertageseinrichtungen für Roma in Serbien, die Versorgung sei damit allerdings nicht gesichert. Nur 30 Prozent der Roma-Kinder würden ihre schulische Ausbildung beenden, sagt Ackovic.

Rückkehrende Flüchtlinge müssen sich dem kollektiven Vorwurf aussetzen, nicht mitgelitten zu haben. Roma-Flüchtlinge kamen häufig bereits vor über zehn Jahren in die Bundesrepublik – bevor der Krieg in Kroatien und Kosovo ausbrach. Sie verschärfen aber tatsächlich auch die Situation in Serbien und Kosovo: Wo es fast nichts zu verteilen gibt, kommen sie noch hinzu: noch mehr Arbeitslose und Menschen ohne richtige Wohnung sind die Folge. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Kinder in Deutschland geboren wurden und die serbische beziehungsweise albanische Sprache nicht beherrschen. Diese Kinder können die Schulen erst gar nicht besuchen, da sie nichts verstehen, sagt Ackovich. Und: Viele Roma in Serbien und Kosovo erhalten finanzielle Unterstützung von Roma aus den westeuropäischen Ländern. Werden die aber »zurückgeführt«, dann fällt die Unterstützung weg und die Armut wird noch größer. Öffentliche Unterstützung wie Arbeitslosengeld ist in Serbien und Kosovo unbekannt, Sozialhilfe gibt es nur in besondern Fällen. Und dann auch nur 60 Euro im Monat für eine ganze Familie, gerade genug, um sich täglich Brot zu kaufen.



Roma-Viertel am unteren Ufer der Donau. Statt Idylle Leben im Müll