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Systemwechsel nur mit der SPD möglich (Teil 2)



Wäre die kürzlich erneut diskutierte Vermögenssteuer ein Element des Aspekts Verteilungsgerechtigkeit?

Selbstverständlich. Die Vermögenssteuer ist ein ganz unerlässliches Element, um Verteilungsgerechtigkeit wieder herzustellen, um den öffentlichen Haushalten die Mittel zurückzugeben, die sie brauchen, um ihre Zukunftsaufgaben finanzieren zu können. Ein anderes Element wäre eine ergänzende Wertschöpfungsabgabe zugunsten der Sozialversicherung, die dieser eine gewissen Kompensation dafür gibt, dass sich die Arbeitgeberseite mit Arbeitsplatzabbau und Massenerwerbslosigkeit zugleich aus ihrer Mitverantwortung für die Finanzierung der Sozialversicherung zurückzieht. Des weiteren die Revitalisierung der Unternehmens- und Gewinnbesteuerung. Gerade die Unternehmensbesteuerung ist im Zuge der rot-grünen Steuerreformpolitik dramatisch eingebrochen und der Weg in den sogenannten Lohnsteuerstaat hat sich deutlich beschleunigt. Auch hier müsste ein Kurswechsel stattfinden.


Aber die Arbeitergeberseite könnte dann argumentieren: Wenn sich die Bedingungen für uns verschlechtern, dann verlassen wir den Standort Deutschland.

Zum einen ist diese Drohung in hohem Maße fiktiv. Dass zeigt sich auch daran, dass ein Großteil der Betriebe, die tatsächlich abwanderten, wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Allerdings ist der Nachweis, dass eine solche Drohung nur einem Erpressungsmanöver dient, auf der einzelbetrieblichen Ebene außerordentlich schwer zu führen. Zweitens muss es darum gehen, entsprechende soziale Reregulierungen auch für den Euro-Raum stattfinden zu lassen. D.h., man wird die Auseinandersetzung für einen solchen Politikwechsel zwar auf der nationalstaatlichen Ebene aufnehmen müssen. Aber die Zielsetzung muss sein, entsprechende Regulierungen für den Euro-Raum zu erzielen. Da zieht dann das Argument der Globalisierungsfalle überhaupt nicht mehr, weil der Euro-Raum seine Wirtschaftsbeziehungen zu 90 Prozent im Inneren hat.


Die Mobilisierung der Beschäftigung im ökologischen Sektor sollte eigentlich Kernanliegen vor allem der Grünen sein. Ihrer Aufzählung entnehme ich aber, dass Sie die Mobilisierung noch nicht umgesetzt sehen?

Es ist deutlich mehr zu tun als das, was Rot-Grün in diesem Zusammenhang auf die Schiene setzt, weil es auch dabei im Kern um verteilungspolitische Fragen geht. Man müsste auf der einen Seite öffentliche Programme auflegen mit einem erheblichen Mittelvolumen, um Maßnahmen wie regenerative Energieversorgung, Energieeinsparung, Klimaschutz, Sanierung der Wasserver- und Entsorgung zu beschleunigen. Das sind zwar alles Stichworte, die bei Rot-Grün eine Rolle spielen, aber eher auf der Ebene symbolischer Politik gefahren werden. Dazu müsste man auch Steuermittel mobilisieren, die aus bestimmten Einnahmen herrühren müssen.


Ihre Kritik ist deutlich. Wer aber kann die Änderungen umsetzen?

Die gegenwärtige Parteienlandschaft ist dafür als Instrument nicht brauchbar, das muss man einfach nüchtern konstatieren. Von daher bleibt zunächst nur die Option auf eine Mobilisierung zivilgesellschaftlicher Kräfte für eine sozialstaatliche Alternative zum neoliberalen Wettbewerbsstaat. Es geht darum, ein Kräfteverhältnis zu erzeugen, mit dem man in eine ernsthafte Auseinandersetzung um die Alternative sozialstaatliche kontra wettbewerbsstaatliche Orientierung kommt. Immerhin zeigt die Entwicklung der globalisierungskritischen Bewegung, dass es möglich ist, auch auf internationaler und globaler Ebene, wie auch gegenüber den nationalen Politiken, diese Frage einer gesellschaftlichen Alternativperspektive auf die Tagesordnung zu setzen.