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Netz ohne Boden?



Workfare statt Welfare: Seit einem Jahr berät und vermittelt die REGE im Auftrag der Stadt Bielefeld Sozialhilfeempfänger. Die Sozialhilfeempfänger müssen mitmachen, oder die Sozialhilfe wird ihnen gestrichen. Die Arbeitsgemeinschaft Soziale Verantwortung zieht eine negative Zwischenbilanz und stellt fest, dass das Geld effektiver eingesetzt werden könne (Teil1)




Vor einem Jahr startete in Bielefeld das »Netzwerk gegen Jugendarbeitslosigkeit«. Bielefeld ist eine der zehn Städte, die sich an dem nordrhein-westfälischen Modellprojekt beteiligen. Seit Oktober wurde das Netzwerk um ein zweites – Netzwerk Hilfen zur Arbeit – ergänzt. Praktisch mit Leben gefüllt werden die beiden Netzwerke in Bielefeld durch die REGE (Regionale Personalentwicklungsgesellschaft), die Sozialhilfeempfänger bereits seit mehreren Jahren berät und versucht, sie in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Bereits vor einem Jahr äußerte die Arbeitsgemeinschaft Soziale Verantwortung (ASV), der unter anderem die Sozialberatung Widerspruch, das evangelische Sozialpfarramt, die IG- Metall- und die DGB- Jugend angehören, massive Bedenken gegen die Netzwerkmodelle. Anlässlich des einjährigen Jubiläums zog die ASV jetzt eine Zwischenbilanz.

Und die fällt aus Sicht der ASV negativ aus. »Die REGE erfüllt ihre eigenen Ansprüche nicht«, sagt Ulrich Zucht vom Verein Widerspruch. Bezogen auf das Netzwerk gegen Jugendarbeitslosigkeit – das 18 bis 25-jährige Sozialhilfeempfänger zu vermitteln sucht – müsse die ASV feststellen, dass »nach zwölf Monaten Beratung von mehr als tausend Sozialhilfeberechtigten die hohen Kosten des Netzwerks nur einen minimalen Vermittlungserfolg zeitigen«. Im Rahmen des Netzwerks seien nur neun Ausbildungsplätze, 73 reguläre Arbeitsplätze und 93 befristete Beschäftigungsmaßnahmen vermittelt worden. Dem ständen hohe Kosten gegenüber: Beide Netzwerke zusammen kosten 2002 nach Angaben der ASV mehr als 12 Millionen Euro, davon entfallen auf die Stadt Bielefeld nahezu 8,8 Millionen. Demnach erhält die REGE über acht Prozent der Mittel, die die Stadt für die »Hilfen zum Lebensunterhalt« zur Verfügung stellt. Die ASV kommt zu dem Schluss, dass die Mittel anderweitig effektiver eingesetzt werden könnten: »Für die Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen beispielsweise beim Verein BAJ oder anderen Einrichtungen, die jungen Arbeitslosen eine außerbetriebliche Perspektive bieten«.

Fraglich ist generell, wo Ausbildungsplätze und dauerhafte Arbeitsstellen auf dem ersten Arbeitsmarkt herkommen sollen. Das Arbeitsplatzdefizit beträgt in Deutschland knapp sechs Millionen Stellen, ein Zustand, der bereits mehrere Jahre andauert und an dem sich in den kommenden Jahren nichts ändern wird. Selbst wenn es in den nächsten Jahren zu einem größeren Wirtschaftswachstum kommen sollte, so wäre das angesichts technologischer Entwicklungen nicht gleichbedeutend mit mehr Beschäftigung. Durch die beiden Netzwerke ist die REGE in Bielefeld inzwischen für die Beratung und Vermittlung von 3.000 Personen zuständig; die ASV prognostiziert, dass wenn im nächsten Jahr die Arbeitslosenhilfe abgeschafft wird, es 10.000 Menschen sein werden. Die ASV fragt dann auch, wo die »passgenauen Angebote für alle diese Leute herkommen sollen, wenn es jetzt schon viel zu wenige davon gibt«.