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Klassisch gegen Rechts(23.07.2003)



Am gestrigen Dienstag gab es erneut eine Aktion gegen die Kneipe »Der Postmeister« am Kesselbrink. Sie gilt als Treffpunkt von Rechtsradikalen.

Von Robert Schwarz

Wären da nicht die schwarz gekleideten, grimmig blickenden jungen Menschen mit den Transparenten, man könnte die Versammlung an dem lauen Sommerabend für eine Aktion der »Bielefeld Marketing« halten: Sanfte Streicherklänge erklangen gestern abend in der Betonwüste Kesselbrink. Das Konzert diente allerdings weniger der Erbauung der Passanten, die Musiker der Gruppe »Lebenslaute« protestierten vielmehr mit Mozart und Händel dagegen, dass die Kneipe »Der Postmeister« am Kesselbrink seit mehr als zwei Jahren Rechtsextremen als Anlaufpunkt dient.

Gut 100 Menschen waren zuvor vom Jahnplatz zum Kesselbrink gezogen, das Polizeiaufgebot war für diese Teilnehmerzahl ziemlich groß. Das lag auch daran, dass die Veranstalter Kooperationsgespräche mit der Polizei im Vorfeld abgelehnt hatten und auch keinen Ansprechpartner benennen wollten. »Dieses Verhalten stellt einen Straftatbestand
dar«, heißt es dazu von Seiten der Polizei, die droht: »Bekannte beteiligte Gruppen und Einzelpersonen müssen jetzt mit der Einleitung eines Strafverfahrens rechnen.« Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit habe man jedoch darauf verzichtet, die Versammlung aufzulösen, so ein Polizeisprecher.

Die Veranstaltung gestern abend war eine von vielen, die in den vergangenen Monaten vor dem Lokal stattfanden. Auslöser für die Proteste war der Überfall auf einen Migranten Anfang November. Die Initiative »Courage gegen Rechts« vermutet, dass die Attacke von dem Lokal ausging.

Dass sich dort vor allem dienstags Angehörige der rechten Szene treffen, konnten die Demonstranten am gestrigen Abend gut sehen. Während bei den vorangegangenen Veranstaltungen die Rollläden der Gaststätte heruntergelassen waren, waren die Fenster gestern geöffnet, etwa zwanzig Skinheads standen vor dem Lokal. Auch eine der zentralen Personen der regionalen und auch bundesweiten Neonaziszene, Bernd Stehmann, war vor Ort. Bekleidet mit einem T-Shirt mit der Zahl 88 filmte er die Demonstranten. Die Ziffer acht steht in der rechtsextremen Szene für den achten Buchstaben im Alphabet, das H. 88 bedeutet dementsprechend HH für Heil Hitler.

Den einzigen Zwischenfall gab es gestern abend, als sich Egbert Böhmfeld dem Konzert auf dem Platz vor der Volksbank näherte und die Teilnehmer fotografieren wollte. Angehörige der Antifa verwiesen ihn ebenso des Platzes wie ein Polizeibeamter. Nach Angaben eines Mitglieds von »Courage gegen Rechts« ist Böhmfeld seit den 80er-Jahren in der rechtsradikalen Szene. Damals war er im Umfeld der Nationalistischen Front aktiv. Die inzwischen verbotene Gruppierung hatte in der Bleichstraße ein Zentrum aufgebaut, antifaschistische Initiativen befürchten, dass jetzt das Lokal am Kesselbrink diese Treffpunkt-Funktion übernehmen soll. Das Haus an der Bleichstraße hatten die Neonazis Ende der 80er-Jahre aufgrund von antifaschistischen Protesten aufgeben müssen.

Die Antifa-AG der Uni plant für kommenden Dienstag um 18 Uhr wieder eine
> Aktion ab Jahnplatz