Webwecker Bielefeld: Erinnerung Seite 2

Nachruf, Teil 2



Renate van Hinte-Kamp bei ihrer Rede im Rathaus zur Übergabe des Mahnmals. Bielefeld 1998
Zu Besuch kam sie dennoch, zum erstenmal 1950. „Ich wollte meinem Mann und später dann meinen Kindern zeigen, wo ich herkomme. Das war wichtig für mich.“
Sie war unzählige Male hier. Dem Stadtarchiv half sie bei den Ausstellungen „Im Zeichen des Hakenkreuzes“ (1983) und „Einwohner – Bürger – Entrechtete: Sieben Jahrhunderte jüdisches Leben im Raum Bielefeld“ (1988). Sie stellte dafür Schriftstücke und Fotos ihrer Familie zur Verfügung, wie sie von den meisten Holocaust-Opfern nicht erhalten sind. Die Originaldokumente, um deren Rückgabe sie nach dem Krieg sehr hatte kämpfen müssen, und ihre Augenzeugenberichte haben für das Stadtarchiv einen unschätzbaren Wert. Zu den Ausstellungen reiste sie persönlich an.

Doch eine offizielle Einladung der Stadt bekamen die Überlebenden lange nicht. Ihre Enttäuschung darüber sprach Renate van Hinte-Kamp bei ihrer Rede im Rathaus anlässlich der Mahnmal-Übergabe am 16. August 1998 deutlich aus. Und dankte der Nicolai-Friedensgruppe für deren privates Engagement.
Erst im September 2001 holte die Stadt das Versäumte nach. Zur Besucherwoche war Renate van Hinte-Kamp zum letzten Mal in der Stadt, die ihr auch nach der NS-Zeit Verletzungen nicht ersparte. Die Kämpfe um Wiedergutmachung in den Fünfzigern. Das Nazihaus in der Bleichstraße in den Achtzigern. Die Schändung des Familiengrabs 1986. Die Umbenennung der Hochstraße 2001. Über die Schönredner von Stadt und Verwaltung sagte sie in einem Fernsehbeitrag: „Das sind doch Heuchler.“

Sie liebte Katzen. Sie hasste körperliche Ertüchtigung. Sie schrieb. Bis zu ihrem Lebensende korrespondierte sie mit Freunden in aller Welt und telefonierte jeden Abend mit ihrer Schulfreundin in Bielefeld.
Renate van Hinte-Kamp starb am 7. Februar 2002 im niederländischen Haarlem.