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Soziale Zukunft in Bielefeld (30.07.2003)



Arno Klönne
Arno Klönne: Wir erleben zur Zeit Sozialdarwinismus






Am vergangenen Montag konstituierte sich ein »Soziales Forum Bielefeld«. Es will sich zukünftig vehement und von links in den Sozialabbau einmischen. Das besondere: Offen, flexibel und breit soll es sein.













Von Manfred Horn

Soziale Zukunft droht zu einem Euphemismus zu werden, ja geradezu zu einem unmöglichen Begriff: Zukunft? Vielleicht, irgendwie muss es ja weiter gehen. Sozial? Wohl kaum. Die politischen Koordinaten stehen im Moment eindeutig auf Ausverkauf. Die Vorschläge, soziale Leistungen zu kürzen, sprudeln selbst in der parlamentarischen Sommerpause. Da heißt es warm anziehen, selbst im Hitzesommer 2003.

Das »Forum Soziale Zukunft« will Akzente dagegen setzen. Am Montag Abend kam zu einer Art Gründungsversammlung in den Räumlichkeiten von ›Arbeit und Leben Bielefeld‹. Eingeladen hatte ein Initiatorenkreis, dem auch der emeritierte Bielefelder Soziologieprofessor und SPD’ler Karl Otto angehört. Die Idee: Ein Forum zu schaffen für Individuen und Gruppen, die sich gegen Neoliberalismus positionieren.

Wie so etwas funktionieren kann, schilderte die links-sozialdemokratische Ikone Arno Klönne. Dort existiert das »Linke Forum« seit gut drei Jahren. Inzwischen hat es sich dort mit monatlichen Diskussionsveranstaltungen und sogar Kulturevents eine sichere öffentliche Aufmerksamkeit gesichert. »Links« ist für Klönne ein weiter Begriff. Nur drei Eingrenzungen nimmt er vor: Links seien diejenigen, die Krieg nicht hinnehmen wollen. Links sind auch die, die die »Entfesselung von Kapitalverwertungsinteressen«, also Neoliberalismus beziehungsweise Sozialdarwinismus, nicht akzeptieren. Und links sind die, die im Kapitalismus nicht das letzte Wort der Gesellschaftsgeschichte sehen. Wer sich in diese Minimalplattform einordnen kann, kann beim Paderborner »Linken Forum« mitmachen.

Dort trifft man sich, durchaus in wechselnder Zusammensetzung. Das Forum ist kein fester Verein, sondern eher eine Diskussionsbühne. Einmischungen werden bestimmt, Veranstaltungen geplant. Eingeladen werden auch schon mal arbeitgeberfreundliche ZeitgenossInnen zu sozialpolitischen Veranstaltungen des Forums. Man sucht Kooperationen mit anderen und kennt keine Berührungsängste. Und in Paderborn macht nahezu die ganze Spannbreite von ›links‹ mit: Vom Infoladen bis hin zu Sozialdemokraten.

Klönne betonte gegenwärtige gesellschaftliche Entwicklungen. Aus seiner Sicht findet zur Zeit eine Enttabuisierung des Militärischen statt, ebenso ein schleichender Umsturz der Sozialverfassung der Bundesrepublik. Klönne spricht von einer »Diktatur neoliberaler Ideen« und einer »schrittweisen Entdemokratisierung der Parteien und der Parlamentsdemokratie«. Neu sei auch die Tendenz, die Gewerkschaften an eine »sehr kurze Leine zu legen«. Klönne sieht allerdings nicht, dass es einen selbstständigen Trendwechsel geben kann. Er traut beispielsweise der rot-grünen Bundesregierung nicht zu, ihren eingeschlagenen Weg wieder zu verlassen und zu mehr Sozialstaatlichkeit zurückzukehren. Allgemein werde es keinen Gesinnungswechsel im Parlamentsbetrieb geben. Dagegen müsse Gegenöffentlichkeit organisiert werden.