Webwecker Bielefeld: reichtumstagung02

Reichtum ist soziale Ungerechtigkeit (Teil 2)



Und im Unterschied zu Bennholdt-Thomsen, mit der Notz an vielen Punkten übereinstimmte, sprach sie davon, Widerstand gegen das neoliberale System über die Grenzen hinaus zu organisieren. Bennholdt-Thomsen nahm das Globale zwar auch in den Blick, forderte auf der praktischen Seite aber, im Lokalen mit den Veränderungen anzufangen, im Konsumverhalten und in der Nachbarschaft. Diese Perspektive führte Bennholdt-Thomsen sogar dazu, für ein Schutz des lokalen Gewerbes zu plädieren. Es sei zu schützen vor dem Zugriff der Shopping-Malls. Dort werde Markt nur noch inszeniert: »Wir müssen das transnationale Kapital raushalten«, sagte sie und bezog sich ganz praktisch auf die Projekte »Modellregion OWL« und das geplante Cross-Border-Leasing-Geschäft mit der Stadtbahn-Infrastruktur. Beides lehnte sie deutlich ab. Auf den Einwurf, dass die Arbeitsbedingungen bei einem Megakonzern aber oft besser wären als der lokalen Klitsche des Bielefelder Einzelhändlers, ging sie allerdings nicht ein.



Elmar Atvater zu Ingrid Kurz-Scherf: »Ich habe nie behauptet, dass das Elend der Welt mit dem Kapitalismus in die Welt gekommen ist. Mach doch nicht so einen Popanz!« Scherf zu Altvater: »Die Linke muss auch mal im Jahr 2003 ankommen!« Auf dem zweiten Bild: Diskussion der TagungsteilnehmerInnen





Ein Kommentar von Manfred Horn

Das magische Viereck



Reichtum ist weder böse noch eine Krankheit. Nein, es geht darum, vorhandenen Reichtum gerecht zu verteilen. Von daher waren viele TeilnehmerInnen des Kongresses auch mit dem Titel »Für ein Programm zur Bekämpfung des Reichttums« nicht einverstanden. Aber der Titel war zumindest originell, setzt er sich doch rotleuchtend von den vielen Programmen zur Bekämpfung der Armut ab, die häufig genug die Zusammenhänge zwischen Armut und Reichtum ausblenden.

Was da in knapp zwei Tagen in Bielefeld diskutiert wurde, war dennoch nicht viel mehr als ein Rekurs. Gut, immerhin, könnte man sagen. Zeit, mal wieder drüber zu sprechen. Endlich darf Mensch auch mal wieder öffentlich kapitalismuskritisch werden. 100.000 DemonstrantInnen in Berlin geben schließlich Rückendeckung und Hoffnung auf mehr Bewegung. Wirklich Neues gab es nicht. Zu bekannt sind die Positionen, die sich in einem Viereck aus Marxismus - Feminismus -sozialen Reformansätzen innerhalb des Bestehenden und radikaler Kapitalismuskritik bewegen. Zugegeben, es ist schwer, »Neues« zu formulieren. Doch häufig genug bleibt es bei Aufforderungen und groben Skizzen, wie das Neue aussehen kann: Eine Theorie, die der globalen sozialen und ökonomischen Situation im Eingang des 21. Jahrhunderts gerecht wird – mit Anschluss zur Praxis. Nicht umsonst wurde das Negri/Hardt-Buch »Empire« mit großer Aufmerksamkeit gelesen. Der Durst nach Analyse und Vision ist ungestillt. Schade, dass die verschiedenen Punkte des magischen Vierecks nur schwerlich in Bewegung kommen.

In der WebWecker-Rubrik »Gruppen vor Ort« finden Sie in Kürze Texte und ein Diskussionsforum zu der Tagung