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Jules Schelvis, Vernichtungslager Sobibor



Titel: Vernichtungslager Sobibor
»Der Drang, genau in Erfahrung zu bringen, wie es meiner Familie ergangen ist, die ich in Sobibor zurücklassen musste, entwickelte sich erst nach meiner Pensionierung«. Jules Schelvis, einer der wenigen Überlebenden des Vernichtungslager Sobibor, gab diesem Drang nach und mutete sich einiges zu. Er trat u.a. in einem Prozess gegen Täter aus Sobibor als Nebenkläger auf und erhielt dadurch Akteneinsicht. Er führte ausführliche Interviews mit Sobibor Überlebenden. Daneben dienten persönliche Erlebnisse und umfangreiches Archivmaterial als Grundlage seines Buches über das Vernichtungslager Sobibor. 1993 erschien sein Buch erstmals in den Niederlanden und gilt seitdem als Standardwerk.

Termingerecht zum 60. Jahrestages des Häftlingsaufstandes im Vernichtungslager Sobibor erschien eine überarbeitete Neuauflage. In seiner Rede anlässlich der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestages des Häftlingsaufstandes in Sobibor erklärte Jules Schelvis: »Fest steht, wenn wir gestorben sind, dann wird niemand mehr da sein um zu erzählen, wie es wirklich war... Ich finde es sehr wichtig, dass jetzt noch mehr deutschsprachige Menschen davon Kenntnis nehmen können, was in Sobibor passiert ist.«

Die Neuauflage bietet akribisch recherchierte, detaillierte und umfassende Informationen zum Vernichtungslager Sobibor. Der historische politische Hintergrund, z.B. die Aussiedlungpläne der Nationalsozialisten oder der Beginn der »Endlösung«, wird ebenso gründlich bearbeitet wie der konkrete Ablauf des Mordprozesses oder des Häftlingsaufstandes im Vernichtungslager. Jules Schelvis bietet kurze biographische Notizen zum SS-Personal des Lagers. Motive für ihre mörderische Tätigkeit sieht Schelvis u.a. im guten Gehalt, der Möglichkeit sich darüber hinaus zu bereichern und dem Dienst an der Front zu entgehen. Auch sämtlichen bekannten Überlebenden Sobibors ist ein Kapitel gewidmet.
Zusammengetragen und geschrieben wurde aus der Perspektive des Opfers, des historischen Zeitzeugen, auch wenn es »für uns, die Überlebenden eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe ist, die Geschichte zu rekonstruieren.«

Jules Schelvis, niederländischer Jude, lebte mit seiner Frau Rachel in Amsterdam, als sie am 26. 5. 1943 aus ihrer Wohnungen ins Lager Westerbork deportiert wurden. 19 Transporte mit 34.313 Personen (offizielle Angabe des Roten Kreuzes) verließen Westerbork in Richtung Sobibor. Niemand hatte eine Ahnung, was sie am Ende des Transportes erwartete. Jules Schelvis wurde direkt nach seiner Ankunft in Sobibor für ein Arbeitskommando selektiert. Er überlebte in der Folge mehrere Lager. Seine Frau Rachel, ihre Brüder und die Schwiegereltern wurden wie alle anderen Menschen aus diesem Transport direkt in den Gaskammern ermordet.

Sobibor ist neben Belcez und Treblinka einer jener vergessenen Orte der »Aktion Reinhardt«, der Tarnname der Nationalsozialisten für die vollständige Ermordung der JüdInnen und Juden aus der Generalgouvernement (heutiges Ostpolen). Über 1.750.000 Menschen nicht nur aus Polen wurden in den Gaskammern der »Aktion Reinhardt« ermordet.

Im März 1942 begann der Bau des Vernichtungslager Sobibor in Ostpolen an der Bahnlinie Chelm - Wlodawa in einem dünnbesiedelten, sumpfigem Waldgebiet. Erster Kommandant und mit der Fertigstellung betraut war ab März 1942 SS-Obersturmführer Franz Stangl, der vorher im Euthanasie-Programm in der Anstalt Schloss Hartheim bei Linz eingesetzt war.