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»Kriegserklärung« (Vortrag Rainer Roth; 10.03.2004)



Rainer Roth
Roth: Agenda 2010 verschärft Konkurrenz zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen

























Von Manfred Horn

Auf Einladung des Bielefelder Rosa-Luxemburg-Clubs kam Rainer Roth, Professor für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule Frankfurt am Main, am Dienstag Abend in den Murnau-Saal der Ravensberger Spinnerei. Roth, nicht nur Wissenschaftler, sondern auch Vorsitzender des Vereins »KLARtext« (http://www.klartext-info.de) und Mitarbeiter der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen, sprach dann an diesem Abend auch Klartext.

Die Agenda 2010 sei der Versuch, den Kapitalismus in Deutschland in seiner Konkurrenz zu den USA zu stärken. Konkretes Ziel der Agenda: Lohnabbau. »Die Bundesregierung setzt das um, was die Arbeitgeber schon lange wollen«, sagt Roth. Das geplante Arbeitslosengeld II, in dem erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger und Langzeitarbeitslose ab 2005 zusammengefasst werden sollen, liege unter dem Niveau der Sozialhilfe. Die biete heute schon nicht viel: So seien bereits heute nur 32 Cent für den Verzehr außer Haus vorgesehen, 50 Cent für Verkehrsmittel. Eine gesunde Ernährung sei für maximal 20 Tage im Monat möglich.


Arbeiten zu jedem Lohn

Die Gewerkschaftsaufrufe zum Aktionstag am 3. April führten in die Irre, sagt Roth. Es ginge nicht gegen Sozialkahlschlag. Das vorrangige Ziel der Bundesregierung sei gar nicht, den Sozialstaat zu zerschlagen. Dahinter liege vielmehr die Absicht, das Lohnniveau abzusenken. Als Beleg zitiert Roth den Hans Werner Sinn, Geschäftsführer des Ifo-Instituts München, das auch monatlich den für die Börse bedeutenden ›Geschäftsklima-Index‹ herausgibt. Sinn schreibe in seinem Buch ›Ist Deutschland noch zu retten?‹: Wer Arbeit sucht, finde sie auch auch. Dazu müssten die Menschen nur bereit sein, ihre Lohnvorstellungen zu senken.

In der Logik des Kapitals bedeute dies: Arbeitslosigkeit ist ein Produkt zu hoher Löhne. Diejenigen, die sich gegen die Absenkung von Löhnen wehren, seien die wahren Verursacher von Arbeitslosigkeit. Alles ein simpler Mechanismus der Marktwirtschaft: Der Preis der Ware Arbeit muss nach Sinn eben fallen. Auch Flächentarife und Sozialhilfe würden Arbeitslosigkeit erzeugen, weil sie wie Lohnuntergrenzen wirken. Denn, davon ist Sinn überzeugt, niemand werde freiwillig für weniger Lohn arbeiten als er zugleich an Lohnersatzleistungen erhalten könnte.

Agenda 2010 inklusive der Hartz IV Gesetze, die eine Absenkung der Unterstützungen für Erwerbslose bedeuten, sei nichts anderes, als drei Millionen Arbeitslose in die Sozialhilfe zu pressen, hält Roth dagegen. Weil die Erwerbslosen dann jede Arbeit annehmen müssen, würde das Lohnniveau sinken. Für Roth keine Heilungsmethode für ein angeschlagenes kapitalistisches System, sondern schlicht der Versuch, Arbeitslose gegen Lohnabhängige aufzufahren. Die Konkurrenz zwischen Beschäftigten und Arbeitslosen solle verstärkt werden.