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Aua Awo (Teil 2)



Die Verhandlungen zwischen dem Arbeitgeberverband AWO und ver.di um einen neuen bundesweiten Manteltarifvertrag waren im November 2003 ohne Ergebnis gescheitert, darauf hin kündigte AWO wesentliche Teile des Vertrags mit Wirkung 31. März 2004. Nun hat die AWO alleine Fakten geschaffen, die aus Arbeitnehmersicht noch unter den Arbeitgeberangeboten bei den Verhandlungen über den Manteltarifvertrag liegen. Die AWO hingegen fordert wiederum ver.di zu neuen Tarifgesprächen auf. »Nach wie vor ist die AWO am Abschluss eines Tarifvertrages interessiert«, erklärt die AWO in Ostwestfalen. Die AWO in Ostwestfalen-Lippe geht davon aus, dass die unterschiedlichen Arbeitsvertragsregelungen nur für ein kurze Überganszeit gelten. Einen Flächentarif auf Bundesebene hält die AWO OWL aber für eher unwahrscheinlich, regionale Verbünde seien denkbar.

Den Ball nimmt der ver.di-Gewerkschaftssekretär Hermann Janßen auf: Sollte eine bundesweite Einigung nicht gelingen, sei die Einigung auf Landesebene, also ein Manteltarifvertrag für NRW, Minimum. Für Franke hat AWO ohne Not agiert: Die Kürzungen der Bundes- und Landesmittel seien geringer ausgefallen als zunächst befürchtet. Für Franke übernimmt die AWO eine Vorreiterrolle. »Da ist auch Ideologie im Spiel«. Er befürchtet eine Spirale nach unten: Weitere Wohlfahrtsverbände könnten dem Beispiel der AWO in Kürze folgen. Mit dem Wettbewerbsargument rechtfertigten die Arbeitgeber Lohndumping. »Viele der Beschäftigten werden durch die neuen Arbeitsverträge an den Rand des Existenzminimums gedrängt«, sagt er. Völliges Unverständnis haben die beiden Gewerkschaftssekretäre auch für die Verlängerung der Wochenarbeitszeit: Nicht nur, dass die Beschäftigten dafür keinen zusätzlichen Lohn erhalten. Franke kann sich auch gar nicht vorstellen, wie das Personal, »zum Beispiel im Pflegebereich, wo es jetzt schon auf dem Zahnfleisch geht«, die zusätzliche Arbeitszeit noch aushalten soll.

Franke weist darauf hin, dass nicht alle AWO-Bezirke der neuen »neoliberalen« Richtung des Bundesverbandes folgen: So bleibe beispielsweise die AWO-Minden beim alten Manteltarif. Den anderen AWO-Verbänden in Ostwestfalen, die die Absenkung seit dem 1. April vornehmen, kündigt ver.di zugleich Gesprächsbereitschaft und Arbeitskampfmaßnahmen an: »Wir koordinieren gerade mit der Landesgeschäftsstelle in Düsseldorf, wo wir die Streikmaßnahmen durchführen«. Franke geht von einer hohen Streikbereitschaft der Beschäftigten aus; er schätzt, dass 40 bis 50 Prozent von ihnen gewerkschaftlich organisiert sind.




Die Abwärtsspirale


Ein Kommentar von Manfred Horn

Wo soll das enden? Zumindest für einen Teil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Der AWO als Organsation mit Wurzeln in der ArbeiterInnenbewegung sollte dies eigentlich klar sein: Die ganz unten stehen, müssen den Mist ausbaden. Und das sind die Beschäftigten, besonders die mit befristeten Verträgen und ohne besondere Qualifikation.

Die Spirale dreht sich schon seit geraumer Zeit. Erst führte das Johanneswerk sogenannte »W-Gruppen« ein, ein Extra-Tarifsystem für Beschäftigte aus der Hauswirtschaft und Reinigung. Dann zogen die von Bodelschwinghschen Anstalten mit einem ähnlichen System hinterher, die städtischen Kliniken gründeten die Beschäftigten aus diesem Sektor zu deutlich schlechteren Bedingungen in einer GmbH aus.