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Ein bisschen antikapitalistisch (Teil 2)



Die hatten erst am 3. April zu Großdemonstrationen gegen den Sozialabbau aufgerufen, als der schon längst beschlossene Sache war. »Mit uns sind 500.000 aufgestanden für ein soziales Deutschland«, wertete Andreas Steppuhn die Demonstrationen vor einem Monat als Erfolg der Gewerkschaften. »Es muss endlich Schluss sein mit einer falschen Politik nach dem Motto: Den Armen nehmen und den Reichen geben«, forderte er im Ravensberger Park und wies darauf hin, dass diese falsche Politik nach Empfehlungen von »von niemandem gewählten Beratern« gemacht werde. »Hunderttausende Jobs sind aus der Sozialversicherungspflicht herausgenommen worden«, so Steppuhns Bilanz der bisherigen von den Beratern Hartz und Rürup empfohlenen Reformen der Bundesregierung. Die würden auch die Kaufkraft der Arbeitnehmer senken. Die unterschiedliche Entwicklung von Exporten und Binnennachfrage »muss einem doch zu denken geben«, findet Steppuhn.

Die Gewerkschaften sieht er aber kompromissbereit: »Auch wir halten am Sozialstaat einiges für reformbedürftig. Wir wären auch bereit Kröten zu schlucken«, signalisierte er der Politik. Die Antwort auf die Probleme dürfe dabei aber nicht die Verschonung der Leistungsfähigsten sein, vielmehr müssten diese stärker belastet werden. »Wenn ein Arbeitnehmer 1100 Euro verdient und 80 Euro für die Krankenkasse zahlt, bleiben ihm 1020 Euro. Wenn Herr Ackermann von den 11 Millionen, die er gekriegt hat, denselben Anteil bezahlt, bleiben ihm immer noch 10,2 Millionen«, rechnete er die unterschiedliche Verteilung der Lasten vor. »Dieses muss sich ändern, nicht nur wegen der sozialen Gerechtigkeit, sondern auch um den Sozialstaat zu erhalten«, forderte Steppuhn und lobte das Schweizer Modell der Bürgerversicherung, in der jeder Bürger, unabhängig vom Einkommen, einzahlen müsse.

Niedriglöhne und Arbeitszeitverlängerung sind seiner Meinung nach keine geeigneten Mittel um neue Arbeitsplätze zu schaffen und für wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen. »Wenn das so wäre, wäre Afrika das Zentrum der Weltwirtschaft und der Osten Deutschlands weit vor dem Westen«, untermauerte er seine These. »Mit der Forderung nach Niedriglöhnen und längerer Arbeitszeit kämpft der Unternehmer nicht für Arbeitsplätze sondern für sein eigenes Einkommen«, rief er den Anwesenden die Interessen in Erinnerung.


Rot-grün als kleineres Übel

Die »lieben Genossen in Berlin« warnte Steppuhn vor den Folgen dieser falschen Politik: »Der Volksmund sagt, Hochmut kommt vor dem Fall. Wollt ihr euch ein neues Volk wählen oder auf eure Basis hören?« Würden die Reformen nicht korrigiert werden, blieben die Wähler bei den Bundestagswahlen 2006 zu Hause und die Opposition würde ohne Stimmenzuwachs die Macht übernehmen. Rot-grün sei zur Zeit zwar das kleinere Übel, aber dennoch übel.

Steppuhn machte aber auch klar, wie übel Stoiber, Merkel und Co für ihn sind. »Das sind Triebtäter. Wenn die die Macht übernehmen, wird Deutschland zu einem Paradies für Reiche und zu einem Arbeitslager für alle anderen«, kritisierte Steppuhn die Vorschläge der Opposition zur Reform des Arbeitsmarktes. Die von Friedrich Merz vorgeschlagene Steuerreform passe zudem tatsächlich auf einen Bierdeckel. »Einkommensschwache zahlen mehr, Reiche können alles absetzen«, so Steppuhns Einschätzung.