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Für Amnesty eher Albtraum (18.08.2004)





Schelte aus der Jöllenbecker Straße über den großen Teich von Güley Polat und Bernd Ackehurst




Spätestens seit den Fotos von Folterungen irakischer Gefangener durch US-Soldaten hat das Bild der USA als Hüter von Demokratie und Menschenrechten einen Kratzer bekommen. Als die publik wurden, arbeitete das Bielefelder Büro von Amnesty International schon längst an einer Broschüre über Menschenrechtsverletzungen durch die Supermacht, die jetzt vorgestellt wurde.

Von Mario A. Sarcletti

»Traumland oder Alptraum«, so heißt die 24-seitige Broschüre des Bielefelder Büros der Menschenrechtsorganisation Amnesty International über Menschenrechtsverletzungen durch die USA, die am Dienstag offiziell vorgestellt wurde. Nach Auskunft von Güley Polat, Sprecherin der Bielefelder Amnesty-Gruppe, ist es die erste Broschüre, die diese in Eigenregie erstellte. »Zumindest in den fünf Jahren, in denen ich dieses Amt bekleide«, schränkt Polat ein. Normalerweise werden Kampagnen und die dazu gehörigen Informationsmaterialien von den Zentralen der Menschenrechtsorganisation in London und Berlin konzipiert.

Den mit dem Alleingang verbundenen Rechercheaufwand nahmen die Macher der Broschüre allerdings gerne in Kauf. Auslöser des Engagements war der Irak-Krieg. »Wir wollten den Menschen nahe bringen, was in den und durch die USA mit den Menschenrechten passiert«, erklärt Güley Polat das Ziel der Broschüre. Der Krieg sorgte dabei aber nur für die Initialzündung. Menschenrechtsverletzungen in den Vereinigten Staaten sind schon lange ein Thema für Amnesty International, als Beispiel dafür nennt Polat die Situation in den US-Gefängnissen, wo mehrheitlich Afroamerikaner einsitzen. »Und die Todesstrafe ist ja schon lange ein klassisches Thema für Amnesty«, erklärt die Gruppensprecherin.

»Die Menschenrechtsverletzungen gab es auch schon vor dem 11. September, danach kam es aber zu einer Verschärfung«, beschreibt Polat die Folgen des »Kriegs gegen den Terror«. Denen widmet sich die Broschüre. So schränkte die Regierung durch die Anti-Terror-Gesetzgebung nach den Anschlägen auf das World-Trade-Center die Bürgerrechte massiv ein, Hauptleidtragende sind Migrantinnen und Migranten, vor allem solche arabischer Herkunft. So wurden in der Folge der Terroristenhatz mehr als 1000 Migranten festgehalten, der Zugang zu rechtlichem Beistand wurde ihnen oft verwehrt. Amnesty International und Human Rights Watch wurde kein Zugang zu Gefängnissen und Haftzentren gewährt.

Natürlich ist auch das Gefangenlager Guantanamo auf Kuba ein Thema der Broschüre, in dem so genannte illegale Kombattanten, denen sämtliche Grundrechte verwehrt werden, in fünf Quadratmeter großen Käfigen gefangen gehalten. »Camp Delta« in Guantanamo ist aber nicht das einzige Lager dieser Art. Amnesty verweist auf das Lager Bagram in Afghanistan, die Luftwaffenbasis Diego Garcia im Indischen Ozean, die Kollegen von Human Rights Watch gehen zudem von mindestens drei weiteren Lagern in Afghanistan aus. »Die Umstände, die in diesen Lagern herrschen, veranlasste die New York Times vom »New American Gulag« zu sprechen«, erfährt der Leser von »Traumland oder Alptraum«. In der Broschüre wird außerdem die Überstellung von Gefangenen samt Fragenkatalog an Länder thematisiert, in denen gefoltert wird, wie Ägypten, Syrien, Marokko und Pakistan.