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ZwangsarbeiterInnen zu Besuch (05.09.2004)





Montag morgen vor dem Bielefelder Rathaus: Die Besuchswoche beginnt




Von Manfred Horn

Nun sind sie da: Sonntag abend erreichten 24 ehemalige ZwangsarbeiterInnen inklusive Begleitung Bielelefeld. Hier stehen gut 20 Menschen ehrenamtlich bereit, sie eine Woche durch die Stadt zu begleiten. Es war ein Herzenswunsch von vielen, noch einmal die Stadt zu sehen, in der sie während 2. Weltkriegs arbeiten mussten.

Vorausgegangen waren jahrelange Bemühungen des Bielefelder Vereins ›Gegen Vergessen, für Demokratie‹. Schließlich stellte die Stadt Anfang des Jahres 50.000 Euro zur Verfügung. Dies war die Grundlage, den Besuch konkret werden zu lassen: In der Zwischenzeit konnten weitere Sponsoren gewonnen werden. Kulturdezernet Rainer Ludwig aber will die finanziellen Aspekte nicht in den Vordergrund stellen: »Wir wollen diesen Menschen den Aufenthalt hier so angenehm wie möglich gestalten«.

Viele der BesucherInnen aus der Ukraine, Weißrussland und Lettland haben jahrelang mit den Erinnerungen zu kämpfen gehabt. Gleichzeitig gab es nie die Möglichkeit, die Stadt, die unfreiwillig ein Stück Heimat geworden ist, noch einmal zu sehen. Zunächst machte dies die Konfrontation der Systeme Ost und West unmöglich, später die Armut, die die ehemaligen ZwangsarbeiterInnen daran hinderte, auf eigene Faust zu reisen. Inzwischen sie zwischen 75 und 83 Jahren alt, viele ihre GefährtInnen bereits verstorben. Die Einladung der Stadt kam sozusagen zum letztmöglichen Zeitpunkt.

Großes Interesse haben die ZwangsarbeiterInnen, ihre ehemaligen Arbeitsstätten zu besuchen. Einige gibt es gar nicht mehr, andere sind in neuere Gebäude gewechselt. Die 24 Angereisten arbeiteten vor allem bei Anker, Görrike, Miele, Dürrkopp, Benteler. Die Verhandlungen mit einigen dieser Unternehmen waren zäh: So erklärte sich Dürrkopp erst in letzter Minute bereit, eine Führung zu machen. Anker stellte sich stur: Kein Interesse, hieß es dort. Man sei nur Rechtsnachfolger, habe mit der Firma von damals nichts zu tun. »Da spielt wohl auch noch die Angst mit, dass die Besucher Entschädigung haben wollen«. Dabei ist den BesucherInnen klar: Geld wird es für sie hier nicht geben. Aber Anker war schon in der Vergangenheit dadurch aufgefallen, dass sie nicht in den Entschädigungsfond eingezahlt haben.

Termine: Dienstag, 7. September: Besuch auf dem Sennefriedhof, 16 Uhr Gräberfeld 26. Dort sind viele ZwangsarbeiterInnen beerdigt.
Dienstag, 7. September, 18.30 Uhr: Gottesdienst in der Altstädter Nicolai-Kirch
Mittowch, 8. September, 16 Uhr: Kranzniederlegung auf dem Johannisberg. Dort befand sich ein großes Zwangsarbeiterlager, heute erinnert dort ein Gedenkstein
Mittwoch, 8. September, 20 Uhr, Murnausaal: »Geraubte Jugend« Zeitzeugen erinnern sich. Einige der BesucherInnen werden aus ihrer Zeit in Bielefeld berichten


Viele der ehemaligen ZwangsarbeiterInnen, die bis zum 11. September in der Stadt weilen, wünschen sich Begegnungen: Vor allem mit den Menschen, die ihnen damals geholfen haben oder die freundlich zu ihnen waren: Es sind die wenigen warmen Erinnerungen an eine hässliche Zeit, die mit neuem Leben gefüllt werden sollen.

Deshalb sind BielefelderInnen, die in dieser Weise mit ZwangsarbeiterInnen in Kontakt standen, auch deren Nachkommen, gebeten, sich bei Petra Krass, Stadtarchiv, fon 51 85 94 zu melden


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