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Augenfällig (Teil 2)







Linkerhägner distanziert sich davon. Und sie reduziert: Sie zeigt nicht die Projektionsfläche Körper, als Ort von materiellen und erotischen Männerwünschen, sie zeigt Gesichter. Sie stellt ihre Freundinnen aus, stellt sie zwischen graue Betonplatten und schafft so urbane Portraits. Die Fotos sind genau so entstanden, weil eine Beziehung zwischen der Fassadenkünstlerin und den Fotographierten existiert.

In der Regel wird niemand jemand erkennen. »Ich habe absichtsvoll keine Frauen aus dem öffentlichen Leben gewählt, um das Bemerkenswerte der eher Unbemerkten herauszustellen«, sagt Linkerhägner. Das bietet aber wiederum die Möglichkeit, die Wirklichkeit zu sehen. Linkerhägner verstärkt sie mit ihrer Kamera, spiegelt sie selektiv auf die Straße zurück. Jedes Fenster ist fotographisch in neun Fenster unterteilt, in denen nicht nur Gesichter, sondern auch wiederum die Fenster der Stadtbibliothek, gar die Spiegelungen des Lichts, zu sehen sind. Tiefe und Größe entstehen. Auf der Herforder Straße passierende Frauen haben so das erste Mal die Möglichkeit, sich selbst im öffentlichen Raum zu sehen. Zumal die Bilder ein Patchwork bieten und damit zur Identitätsreise einladen:

Aber Linkerhägner lässt nicht nur Frauen schauen, sie positioniert sie auch in der Architektur. Fenster, dass hieß im Althochdeutschen »Augatora«, übersetzt auch »Tor« oder eben »Öffnung eines Auges«. Die Fenster eines Gebäudes sind, metaphorisch gesehen, dessen »Augen«, wie Tanja Kemmer im Begleitprospekt zur Ausstellung schreibt. Wenn das Gebäude aber Augen bekommt, wird es lebendig, es entsteht, bei Augenkontakt, eine Beziehung zwischen BetrachterIn und dem, was da eigentlich steinern in die Gegend gestellt wurde.

Die Ausstellung ist auch ein Hinweis darauf, dass gezielte Förderung von einzelnen Künstlerinnen in OWL fehlt. »In Bielefeld, dem in der Region herausragenden Standort auch überregional anerkannter Kunstinstitutionen und Galerien, gibt es für regionale Künstlerinnen nur sehr wenig Möglichkeiten ihre Arbeiten in Kunstinstitutionen zu zeigen«, stellt Irene Below, Vorstandsfrau des fkf, fest. Durch das fkf-Projekt solle auf diesen Missstand aufmerksam gemacht werden.

Das fkf eröffnet mit der Fensterschau in den Zusammen einer ganzen Reihe von Veranstaltungen unter dem Titel ›glokal: kunst und kunstbetrieb im umbruch‹. »Es geht uns dabei um die im Zuge der ökonomischen Globalisierung sich vollziehenden neuen Verbindungen von Globalem und Lokalem und die daraus resultierenden strukturellen Veränderungen des Kunstbetriebs«, erklärt Irene Below. Der Verein habe das Wort »glokal« gewählt um darauf hinzuweisen, dass die Kunstszene sich auch in OWL im Umbruch befinde. Es entstünden neue Verbindungen von Globalem und Lokalem entstehen. Viele Künstlerinnen haben Kontakte weit über die Region hinaus, eine ganze Reihe sind im Zuge von Migrationsbewegungen aus anderen Ländern in die Region gekommen.


Die Ausstellung ›fenster, frauen, fassaden‹ ist noch bis zum 2. Oktober an der Fassade der Stadtbibliothek, Wilhelmstraße, zu sehen.

Am Dienstag, 21. September, spricht Anja Wiese, Künstlerin und Professorin für Gestaltungslehre, über das Thema »Zuhause unterwegs - unterwegs zuhause«, 20 Uhr, Stadtbibliothek

Am Donnerstag, 23. September, referiert Veronique Souben, Kunsthistorikerin und Kuratorin MARTa Herford, über »Vom Pöppelmann-Haus zum MARTa - über die Rolle des Museums im Jahr 2004«. 20 Uhr, Museum Waldhof

Am Dienstag, 28. September, läuft im Lichtwerk der Film »Die leere Mitte« von Hito Steyerl. Der Film untersucht den Umbau des Potsdamer Platzes in Berlin. Wie lagern sich Globalisierungsbewegungen im Form von Architektur ab? 17 Uhr, Lichtwerk

Am Freitag, 1. Oktober, findet das Kunstfest des frauenkunstforums owl statt. Ab 19 Uhr, Stadtbibliothek

Weitere Informationen: frauenkunstforum-owl.de