Webwecker Bielefeld: stadtbibfenster01

Augenfällig (22.09.2004)





Erfreut über die glasigen Blicke hinter den Fenstern:
Irene Below (Vorstand frauenkunstforum), Christel Linkerhägner und Ursula Theissen, Leiterin Frauenkulturbüro NRW



Von Manfred Horn

Die Stadtbibliothek ist, von außen betrachtet, nicht gerade ein architektonisches Kunstwerk. Die Fenster hin zur Herforder Straße, abseits des Haupteingangs, waren immer recht trist. Nun sind sie gestaltet: Die Detmolder Künstlerin Christel Linkerhägner hat den Wettbewerb des ›frauenkunstforum-owl‹ (fkf) um die Füllung der Fenster gewonnen.

Das fkf ist schon seit längerem mit der Zentralbibliothek nahe dem Jahnplatz verbunden: Hier steht seit 2001 ›ein-seh-bar – das sichtbare Künstlerinnenarchiv Ostwestfalen-Lippe‹, das vom fkf-owl betreut wird und in der Bielefelder Stadtbibliothek oben neben der Artothek zu finden ist, wenn es nicht gerade auf Reisen ist. Inzwischen sind 280 Archivkästen von Künstlerinnen aller Sparten zusammengekommen.

Und nun also die Fenster, Maße: 235 x 157 x 58 Zentimeter, die Fensterunterkante circa 180 Zentimeter über dem Boden. Acht Stück Paterre zur Herforder Straße hin. Gegenüberliegende Gebäude, Verkehr und Menschen spiegeln sich in den großen Fenstern, in der Regel hasten Menschen geschäftig vorbei. Daraus einen Ort des Verweilens zu machen, war keine leichte Aufgabe. Aber sicherlich eine reizvolle, denn die vermeintlich grauen Orte als ästhetischen Raum zu definieren, ist eine echte Herausforderung.

Christel Linkerhäger spielt mit der Wirklichkeit: Sie hat Frauengesichter in die acht Fenster gepackt. Die in Detmold lebende Künstlerin ist seit ihrem Studium an der Fachhochschule Design in Bielefeld im Bereich Illustration als freie Künstlerin tätig und gilt als Motor der lippischen Gruppe bildender Künstlerinnen ›pickArt‹. Linkerhägner zeigt Frauen, die in ihrer Normalität jenseits der Norm liegen: Sie sind wach, lachen, schauen nachdenklich, sind manchmal auch traurig.

Es sind Waltraud H., Beate S., Karin H. und andere die da aus den Fenstern auf die Menschen gucken. Linkerhägner hat für ihre Fotographien Frauen ausgesucht, die jenseits der Litfasssäulen-Ästhetik liegen. Sie sind verwertungsökonomisch betrachtet alt, will heißen über 40, sie haben Spuren in ihren Gesichtern, die ein langes Stück gelebtes Leben abbilden. Für die Werbeindustrie wären sie unbrauchbar, weil die MacherInnen von Plakatwerbung eigene Normen von Attraktivität setzen. Junge, schlanke, meist blonde Frauen werden genommen, um ein Produktimage aufzubauen: Es ist kein antifeministisches Roll-Back, sondern ein von jeglicher Emanzipation seltsam unberührter Dauerzustand, wenn die Werbung immer noch erfolgreich solche Frauen auf die Kühlerhauben aggressiv geformter Automobile setzt.