Webwecker Bielefeld: radmiele01

Mit Rat und Rad zur Arbeit (22.09.2004)





Bis Anfang der 1960 Jahre baute Miele in Bielefeld Fahrräder






In einem Pilotprojekt fuhren 18 Mitarbeiter der Firma Miele mit dem Rad zur Arbeit. Die Probanden dürfen sich genauso wie Miele freuen: Die Gesundheit verbessert sich und auch die Lust am Arbeiten. Und: zehn Prozent der Mitarbeiter haben sich durch das Projekt animieren lassen. Sie sind ebenfalls auf das Rad umgestiegen




Von Manfred Horn

Mitarbeiter von Miele radeln. Keine Nachricht, die die Welt bewegt. Dennoch findet das Projekt »Mit dem Rad zur Arbeit« große Beachtung. Ein halbes Jahr lang fuhren 18 willige und ausgesuchte Mitarbeiter den Weg zur Arbeit und auch den Weg von der Arbeit weg mit dem Rad. Das Besondere: Sie wurden dabei wissenschaftlich begleitet.

Für das Projekt hatten sich die Firma Miele, die Stadt Bielefeld und die Universität Bielefeld zusammengeschlossen. Man wollte wissen, ob Menschen, die eigentlich häufig Autofahren, noch zum Radfahren zu bewegen sind. Oder wie es Miele-Werksleiter Jürgen Bergmann formuliert: »Die es auf sich genommen haben, vom Auto aufs Fahrrad umzusteigen«. Also lautete die Frage auch: Kann aus einer Last eine Lust werden? Nun wurden die Projektergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.

Miele war dafür ein idealer Partner. Produziert wird, selten genug, auf 110.000 Quadratmeter Fläche mitten in der Stadt an der Schildescher Straße. Die Wege der meisten Mitarbeiter sind kurz. An dem Standort werden heute von 1.700 MitarbeiterInnen Geschirrspüler und Bodenpflegeartikel zusammengeschraubt, bis 1960 produzierte Miele an diesem Standort auch Fahrräder. Die sind längst aus dem Sortiment, mit Geschirrspülern ließ sich in den Wohlstandsjahren der Republik mehr Deutsche Mark machen.

Insgesamt 60 Mitarbeiter hatten sich zum kontrollierten Radfahren beworben, 18 wurden ausgewählt. Nicht dazu gehörten die knapp 200 Mitarbeiter, die sowieso schon täglich mit dem Rad kommen, genauso wenig diejenigen Bewerber, die 20 Kilometer weit weg wohnten. »Aus Selbstschutz«, wie Miele Personalleiter Andreas Nolte, erklärt. Wohl aber auch, weil vom Fahrradfahren ausgelaugte Mitarbeiter an der Werkbank nicht mehr sonderlich viel zu Stande kriegen.

Die ganze Geschichte wurde durch eine Plakataktion begleitet: »Miele macht mobil«. Für Öffentlichkeit war also gesorgt. Schließlich wollten die Wissenschaftler nachher auch wissen, wie viele durch die Radfahrerei zum eigenständigen Pedalentreten animiert wurden. Ein Viertel der Mitarbeiter erklärte bei einer Umfrage, das Projekt habe ihre Einstellung zum Radfahren positiv beeinflusst, zehn Prozent sind tatsächlich aufs Rad umgestiegen: »Ein solide Wirkung«, konstatiert Ulrich Schulz, Professor am Institut für Innovationstransfer der Universität Bielefeld.

Der Spezialist in Sachen Verkehrspsychologie konnte auch bei den 18 Projektteilnehmern Erfolge vermelden: Alle haben das halbe Jahr durchgehalten, wenn auch zum Schluss die Autofahrten wieder etwas zunahmen. Im Schnitt haben die Teilnehmer 90 Prozent ihrer Arbeitswege mit dem Fahrrad zurückgelegt. Auch die Befindlichkeit wurde vorher und nachher geprüft: Schulz stellte eine gehobene Stimmung fest, eine erhöhte Aktiviertheit bei gleichzeitig verringerter Erregbarkeit. Mehr Lust und weniger Aggressivität also stellte sich ein.

Medizinisch wurden bei den Untersuchungen positive Auswirkungen auf die Blutfette, auf den Kreislauf und auf das Immunsystem festgestellt, insgesamt eine signifikante Verbesserung der Leistungsfähigkeitt. Abgenommen hat aber keiner der Teilnehmer, der Fahrradweg zur Arbeit eignet sich offensichtlich nicht zu Diätzwecken.