Webwecker Bielefeld: lutterfliesst01

Herzliches Willkommen für munteres Plätschern (12.10.2004)




Feierlicher Moment: Heinz Flottmann macht die Lutter flott


Seit Samstag fließt die Lutter wieder oberirdisch durch Bielefeld. Die positive Reaktion der Bürger motiviert den Verein »pro Lutter« sich für eine weitergehende Freilegung des Baches zu engagieren.

Von Mario A. Sarcletti

»Nun ist die Lutter wieder frei, liebe Leute kommt herbei«, sangen die »Luttergeister« der Klasse 5a des Gymnasiums am Waldhof. Die »lieben Leute« folgten der Aufforderung in Scharen, mehr als eintausend Menschen wollten am vergangenen Samstag sehen, wie der vor über hundert Jahren unter die Erde verbannte Bach durch die Grünanlage vor dem Gymnasium am Waldhof sprudelte. Als das erste Wasser durch das neue Bachbett floss, jubelten die Menschen, machten passend zum Ereignis die Welle.

»Aufgedreht« hat die Lutter das Bielefelder Original Heinz Flottmann, der die »lieben Lutteraner« zuvor auf den historischen Moment einstimmte. Der Bach habe mit dem Reformator noch mehr als den Namen gemein, erklärte der Kabarettist den Menschen, die auf den neuen Bielefelder Bach neugierig waren. »Beide haben etwas mit The(e)sen zu tun und beide wurden exkommuniziert«, beschrieb Flottmann die Gemeinsamkeiten des Kirchenmannes und des Baches, »der bei lebendigem Leibe begraben wurde.« Ein Fluss im Exil sei die Lutter vor über hundert Jahren geworden und «seither durch das geologische Unterbewusste der Stadt gesickert«, reizte Flottmann die Zuhörer zum Lachen.

Unter ihnen waren am Tag vor der OB-Stichwahl auch zahlreiche Politiker. Vor Ort war auch SPD-Kandidat Pit Claussen, der wie andere Besucher auf weitere Freilegungsschritte hofft. »Es geht aber nicht nur um die Lutter, es geht auch darum, dass die Altstadt ein Platz zum Verweilen sein soll«, sagte Claussen dem Webwecker. Dass noch nicht mehr von der Lutterzu sehen ist, findet Claussen schade: »Ich bedauere es sehr, dass wir diese Chance nicht wahrgenommen haben«. Die Chance war, durch den Bau des Geschäftshauses an der Welle den Bach auch vor diesem freizulegen. Bauherr Möllmann hatte angeboten, bei dem Neubau ein Bachbett vorzuhalten. Der Rat lehnte dieses Angebot mit den Stimmen von CDU und BfB im vergangenen Jahr ab.

Auch für Inge Schulze, Fraktionsvorsitzende der Grünen, ist der Ratsentscheid ein Wermutstropfen bei dem Festakt. Sie hält das Votum für eine »klassische Fehlentscheidung, die heute auch die bedauern, die die Freilegung verhindert haben«. Von dem freigelegten Abschnitt ist sie begeistert. »Mensch ist das schön«, ruft Schulze aus, als das erste Wasser an ihr vorüber plätschert.

Ein munteres Plätschern hatte auch Planer Detlef Sönnichsen im vergangenen Jahr dem Rat versprochen. An dieser akustischen und vor allem optischen Bereicherung Bielefelds erfreute sich Samstag auch Andreas Beaugrand, der die Freilegung maßgeblich vorangetrieben hat. Auf die Frage, ob wegen der Blockade durch den Rat ein bitterer Nachgeschmack geblieben sei, entgegnete der Vorsitzende des Bielefelder Kunstvereins: »Logo!« Er verweist darauf, dass »pro Lutter« aufgrund des positiven Ratsbeschlusses im Jahre 2002 für eine Freilegung gegründet wurde. Der ablehnende Beschluss zur Freilegung des Baches in der Straße »Am Bach« sei unerklärlich zustande gekommen, wundert sich Beaugrand noch heute.