Webwecker Bielefeld: kartoffel01

Kartoffel ahoi (03.11.2004)






Bratkartoffeln – typisch deutsch? Jein. Gebratene Kartoffeln gibt es fast überall. In der Schweiz heißen sie Rösti und werden fast genauso zubereitet wie bei uns. Auf das »fast« kommt es an. Wer gerne isst und reist, kennt die feinen Unterschiede.

von Gudrun Ambros

Ursprünglich stammen die Kartoffeln aus den Anden. Aber erst mussten die Spanier die Knolle nach Europa bringen, bevor sie von dort aus die Welt erobern konnte. In Folge dessen entwickelte fast jedes Land der Erde eine Vielzahl ähnlicher und doch individueller Kartoffelgerichte.

Kennen Sie zum Beispiel den Unterschied zwischen Schweizer Rösti und deutschen Bratkartoffeln?: Für die Rösti werden die Kartoffeln nach dem Kochen gerieben und dann zusammen mit Zwiebeln in der Pfanne gebräunt. In Deutschland ist es gängiger, in Scheiben geschnittene Salzkartoffeln pur in heißem Fett knusprig anzubraten.


Die besten Pommes der Welt

Die Belgier sind als die besten Pommes-Frites-Hersteller der Welt bekannt. Sie verwenden mehlige Kartoffeln, die sie in feine Stäbchen schneiden. So werden ihre »Frites« außen kross und innen weich und locker. Dazu gehören spezielle Mayonnaisen: Sauce Andalouse etwa (Mayo mit Paprikapüree). Ketchup ist der typische Begleiter der amerikanischen Pommes. Die Briten träufeln »vinegar« auf ihre »Chips«.

Tortilla de patata – in Spanien ist die Kombination mit verquirltem Ei sehr beliebt. Der Dreh dabei: Innen muss die Tortilla schön saftig bleiben. Frittata ist dasselbe auf italienisch. Dasselbe? Nicht ganz. Außen golden gebräunt, ist die Frittata innen ganz trocken und fest. Und das französische, im Herd gebackene Kartoffel-Omelette ist nur perfekt, wenn es leicht und luftig wurde.


Kartoffeln mit Pepp

In Frankreich sind die Rezepte oft etwas raffinierter. Der Gratin Dauphinois, edel, weil die »Pommes de terre« Sahne aufgesogen haben. Oder die Croquettes Duchesse: dicke Stäbchen aus Kartoffelbrei, in Mehl gewendet und in heißem Öl ausgebacken. Das ist schon etwas aufwändiger. Aber auch in Frankreich geht es einfach: mit einer feinen Kartoffel-Lauch-Suppe beispielsweise.

Kartoffelbrei wird in den Anden »Molo« genannt. Der Pepp daran: gedünstete Frühlingszwiebeln, gewürfelte Eier und Schafkäse, die untergezogen werden. Das ergibt eine Hauptmahlzeit, die üblicherweise zusammen mit Kaffee serviert wird. In Belgien garen ein oder zwei Gemüsesorten für den Kartoffelbrei gleich mit und werden dann zusammen mit den Kartoffeln zerstampft. Sein Name: »Stoemp«.

Kartoffelbrei verfeinert: In Italien heißt das »Gnocchi«. Kleine in simmerndem Wasser fest gewordene Knödelchen schmecken wunderbar mit Gemüse oder Gorgonzola-Sauce und frischem Salat. Das gleiche, zwischen den Händen gerollt, dann angebraten und eventuell zusammen mit Sauerkraut serviert, sind die bayerischen Schupfnudeln, die auch schon mal »Ranzenstecher« genannt werden.


Alles in einem Topf

Alles was der häusliche Garten zu bieten hat, landet zusammen mit den Kartoffeln in einem Topf. Pfeffer, Salz und Lorbeer sind die typischen Gewürze im französischen »Pot au feu« genauso wie im holländischen »Hutspot« oder im »Irish Stew«. In Indien hat der Kartoffel-Eintopf jedoch ein anderes Aroma: Kreuzkümmel, Ingwer, Kurkuma und Koriander heißen die wichtigsten Gewürze im Gemüsecurry.

Kartoffel und Süß kommt kaum jemandem komisch vor. Denn die Zusammenstellung Kartoffelpuffer mit Apfelmus ist nicht nur in Deutschland wohlbekannt. Die Iren servieren ihre aus Kartoffel-Mehl-Milch-Teig fabrizierten Kartoffelpuffer namens »Boxty« mit Butter und Zucker oder Früchten.
Selbstverständlich ist die süß-salzige Kartoffel-Kombination auch in Österreich, wo der »Schmarrn« schon mal mit Kompott auf den Tisch kommt. Im ungarischen Kartoffelknödel steckt eine Marille oder Zwetschge, und darin idealer Weise ein Stück brauner Würfelzucker. Dazu angeröstete Semmelbrösel. Mmh, Kartoffeln und kein Ende!