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Au Large de Bad Ragaz



Von Harald Manninga

Die junge hübsche Sacha kommt aus Russland in die Schweiz. Sie hat ein Preisausschreiben gewonnen: eine Woche Alpenland mit persönlichem Reiseführer. Sie nutzt die Gelegenheit, um nach Nazigold zu suchen, das in einem Alpensee bei Bad Ragaz kurz vor Kriegsende versenkt worden sein soll. Dafür spannt sie Alex mit ein, eben jenen persönlichen Reiseführer, seinerseits eine mehr oder weniger verkrachte Existenz, ein Loser, der seine Freizeit in »Clubs« verbringt, wo er den Tabledancerinnen auf die Lücken in den Netzstrümpfen schaut, um »Schönheitsflecken« an den Schenkeln zu finden, während er sich ansonsten mühsam darauf konzentriert, nicht besoffen vom Stuhl zu fallen.

Sacha ist aber nicht die einzige, die nach diesen Goldkisten sucht. Irgendwelche russenmafiöse Schergen sind hinter ihr her. Allerlei Ballerei auf offener Straße macht die schweizerische Polizei auf Sacha&Alex aufmerksam. Auftritt Kommissar Meyer (sprich: Ma-jäärch, denn wir befinden uns in der französischsprachigen Schweiz, jedenfalls am Anfang): Seine Frau ist irgendwie krank, aber woran sie wirklich leidet, wenn denn, bleibt ein Geheimnis. Er hat aber auch sonst genügend Stress, denn der zuständige Untersuchungsrichter hat ihn auf dem Kieker.



Es beginnt eine spannende Jagd durch fast die gesamte Schweiz, Mafia hinter Sacha und Alex her, Sacha und Alex auf der Suche nach dem Schatz, den die Mafia auch gern hätte, und Kommissar Meyer auf der Suche nach allen zusammen. Und vor allem sind sie alle auf der Suche nach einem schöneren, besseren Leben, der Liebe und allem.



Aha, also ein Roadmovie, wieder mal. Ausgesprochen witzig auch, besonders der Akzent, mit dem ein deutschssprachiger Schweizer (der Wirt einer Autobahnraststätte zum Beispiel) französisch spricht, ist sehr hübsch. Insgesamt ist dieser Roadmovie, der eher ein Lake-Movie ist, denn Sacha und Alex fliehen vor der Polizei und der Mafia dann vor allem über die schweizer Bergseen, jedoch eine ausgesprochen ruhig erzählte Doppelgeschichte um zwei Paare, die je auf ihre Weise versuchen, das Leben und ihr Leben miteinander zu meistern. Hervorzuheben dabei die drei Hauptdarsteller: Matthieu Amalric spielt den Alex, Jean-Luc Bideau den Meyer, und (in ihrer ersten großen Filmrolle) Julia Batinova die Sacha. Dolle Vorstellung, die die da hinlegen. Bideau erinnert in seiner lakonischen Darstellung des desillusionierten Kommissars sogar hie und da etwas an den großen Gabin.


Beeindruckend aber auch die leise, fast zärtliche Erzählweise von Autor und Regisseur Francois-Christophe Marzal, dem es gelingt, vor schönen Landschaftsbildern eine trotzdem ebenso zärtliche wie spannende und packende Geschichte zu inszenieren.