Webwecker Bielefeld: Apfelbaumhaus

Das Apfelbaumhaus



Von Harald Manninga

Karl arbeitet zusammen mit Hammid in einer Massagepraxis. Leben tut er in einer unaufgeräumten Junggesellenbude. Insgesamt ist sein Leben zwar vielleicht etwas langweilig, aber so weit ganz in Ordnung, sogar »geordneter«, als man es von einem leicht schlamperten Freak vielleicht erwarten würde. Mit dem etwas schlampigen Junggesellenleben ist es allerdings vorbei, als plötzlich seine Mutter über ihn hereinbricht, zu Besuch, wie sie behauptet, »vielleicht für eine Woche oder so«. Nee, is klar: »oder so«, kennt man ja.


Weitere Komplikationen bringt das Auftauchen der jungen amerikanischen Architektin Jael, die in Leipzig (denn da spielt das Ganze) ein sehr ehrgeiziges Bauprojekt verfolgt, nämlich die Errichtung eines hochmodernen Gebäudekomplexes mit Läden, Büros, Fitnessstudios und eben allem, was man so braucht. Das Haus, in dem Karl seine Wohnung hat, liegt genau in der Mitte dieses geplanten Zentrums, das übrigens ein jüdisches sein soll, genau auf dem Platz, wo später mal eine große Synagoge hin soll. Problem nur: die Eigentumsverhältnisse bei diesem alten Haus sind alles andere als geklärt. Oder nein, geklärt sind sie eigentlich, nur Hausverwalter Danzig weigert sich, den Namen des Besitzers rauszurücken.


Mehr oder weniger verliebt in Jael, ihrerseits übrigens Tochter eines jüdischen Emigranten, der damals vor den Nazis geflohen ist, hilft Karl ihr bei der Suche und stolpert dabei von einem Abenteuer in die nächste große Überraschung und von da in mehr als merkwürdige Verwicklungen.


Abenteuerlich genug ist zum Beispiel schon die Einführung ins jüdische Leben, denn Rabbi Schimon ist natürlich sehr an diesem Projekt interessiert, und eine der Methoden, die Jael anwendet, um Karl auf ihre Seite zu ziehen ist, ihn mit Rabbi Schimon zusammenzubringen. Quasi um bei ihm ein Verständnis für die Notwendigkeit des geplanten Baus zu entwickeln. Nebenbei wird die turbulente Geschichte aber für Karl auch zu einer sehr überraschenden Reise zu sich und seinen eigenen Wurzeln, die sich als ein ziemlich verwickeltes Geflecht entpuppen.


Regisseur Andrew G. Hood ist Brite, 1961 in London geboren, lebt aber schon seit Jahren in Berlin. In seinem fünften Film hat er sich einem scheinbar sehr deutschen Thema gewidmet, nämlich der »Auseinandersetzung« mit dem Verhältnis der Deutschen und der Juden seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute. Er tut das auf sehr einfühlsame, dabei aber auch sehr sachliche Weise. Und das auch noch Form einer (sehr gelungenen) Komödie! Ein deutscher Filmemacher hätte sich dem Thema möglicherweise wohl nicht, jedenfalls nicht so »nähern dürfen«, ohne dass wieder aus allen Ecken irgendwelche tränenschwere und gewichtige Stimmen »Skandal« wittern würden. Hood ist diesbezüglich als Brite aber ja eher unverdächtig, und so darf er also. Und das mit einem Augenzwinkern. Und das gar fürs ZDF. (Der Film ist nämlich für die Reihe »Das kleine Fernsehspiel« gemacht. Den Sendetermin entnehme man bitte dem Programmheft des Vertrauens.)