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Teilerfolg für Langzeitstudierende (Teil 2)



Sven Gödde klagte deshalb gegen die Begrenzung der Bonussemester auf drei. Auch das Gericht räumte in einer Presseerklärung ein, er »hätte ohne diese Regelung Anspruch auf mehr als neun solche „Freisemester“ gehabt und wäre deshalb nicht gebührenpflichtig.« Die Gewährung von Bonussemestern für Mitarbeit in Hochschulgremien sei zudem sehr pauschal, sagte der Vorsitzende Richter während der Verhandlung.

Tatsächlich werden für den Vollzeitjob AStA-Vorsitz ebenso viele Bonussemester gewährt wie für die weit weniger aufwändige Arbeit als Senator.Dennoch wies das Gericht die Klage ab. »Gremientätigkeit muss dem Studium untergeordnet sein«, sagte Richter Osthoff. Er berief sich auch auf die Regelung für BAföG-Empfänger. Rechtsanwalt Achelpöhler fand den Vergleich unpassend: »Beim BAföG geht es doch darum, welchen Grenzen unterliegt der Staat, wenn er Geld verteilt«, hielt er dem Richter entgegen. Er beklagte zudem die Gleichbehandlung von Studierenden, die ohne das Gesetz ihr Studium begonnen hatten und denen, die um die Gebühren wissen. »Wer heute in den Gremien tätig ist, nimmt ein Urlaubssemester, aber früher war das doch egal«, monierte Wilhelm Achelpöhler.

Das Verwaltungsgericht wies auch die Klage eines älteren Studenten ab, der wie alle, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, die Gebühren bezahlen muss. Neben dem Rückwirkungsverbot verletzt dies nach Meinung von Rechtsanwalt Achelpöhler das Diskrimierungsverbot und verstoße damit auch gegen eine EU-Antidiskriminierungs-Richtlinie. Deren Umsetzungsfrist für den Passus gegen die Diskriminierung wegen Alters wurde allerdings verlängert, die Bundesrepublik hat sie bis jetzt nicht in nationales Recht umgesetzt.


Diskriminierung sachlich begründet

Richter Ulrich Osthoff sieht die Diskriminierung allerdings sachlich begründet und hält sie deshalb für zulässig: Bei Studierenden über 60 Jahren sei zu erwarten, dass das Studium nicht der Berufsvorbereitung diene, für die die Universität da sei, sondern dem persönlichen Interesse an einer Weiterbildung. Der Kläger gab hingegen an, nach dem Studium der Romanistik als Übersetzer arbeiten zu wollen. »Wenn er rein zur Erweiterung des Horizonts studieren würde, wäre er für »Studieren ab 50« eingeschrieben«, sagte Anwalt Achelpöhler. Dann könnte er aber keine Prüfungen ablegen.

Achelpöhler sieht die Regelung auch im Widerspruch zur Propagierung des »Lebenslangen Lernens«. Die EU gebe zudem vor, dass das Recht auf berufliche Ausbildung unabhängig vom Alter gegeben sei. Seine Argumentation nützte nichts, bereits vor der Urteilsverkündung machte Richter Osthoff klar, dass die Klage keine Chance habe. »Auch wenn ich bald selber davon betroffen bin und froh wäre, dann ohne Gebühren studieren zu können«, räumte er schmunzelnd ein.

Ebenso signalisierte Osthoff bereits während der Verhandlung, dass er dem dritten Kläger Recht geben wird. Der 41-jährige Pädagogikstudent im 20. Semester hatte gegen den Bescheid auf seinen Härtefallantrag geklagt. Das Gesetz sieht vor, dass Studierende »in wirtschaftlicher Notlage in unmittelbarer Nähe zu ihrem Abschluss« von den Gebühren befreit werden. Als wirtschaftliche Notlage definiert die Verordnung zur Umsetzung des Studienkonten- und -finanzierungsgesetzes ein Einkommen unterhalb des BAföG-Satzes von 585 Euro pro Monat. Dazu kommen noch einmal ein Sechstel der Gebühren, insgesamt kann ein Studierender also bis zu 695 Euro pro Monat verdienen, damit ihm die Gebühren zumindest teilweise erlassen werden. Das Einkommen des Klägers lag darüber, laut Gebührenbescheid sollte er 174 Euro bezahlen. Das Gericht erklärte den für rechtswidrig.