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Teilerfolg für Langzeitstudierende (Teil 3)



Richter Osthoff äußerte Kritik daran, »dass einer 695 Euro im Monat zur Verfügung hat und zu Beginn des Semesters 650 Euro bezahlen soll.« Das führe eben zu einer wirtschaftlichen Notlage. Auch hier war zwischen den Zeilen wieder Kritik an der Umsetzung des Gesetzes zu hören. »Das Gesetz lässt zwar eine Stundung des Betrags zu, in den Verwaltungsvorschriften steht davon aber nichts mehr«, sagte Osthoff. Den Einwand des Justiziars Ulrich Körber, dass der Kläger die Gebühren vorher hätte ansparen können, wies er zurück. »Die sollen ja nicht arbeiten sondern ihr Examen machen«, stellte er klar.

Grundsätzlich könne zwar das BAföG als Einkommensgrenze angesetzt werden. Die Universitäten müssten aber den Einzelfall prüfen. Da das BAföG nur 133 Euro pro Monat für die Unterbringung vorsieht und 42 Euro für die studentische Krankenversicherung, müsste besonders in diesen Bereichen ein Mehraufwand berücksichtigt werden. Den hat der Kläger: Seine Wohnung kostet, wie viele andere auch, erheblich mehr. Und die studentische Krankenversicherung ist nur bis zum 14. Semester möglich, ab dem Studiengebühren zu bezahlen sind, danach kostet die Krankenversicherung drei Mal mehr.

Dass auch das BAföG, das laut Ulrich Körber darstellt, »wie sich der Gesetzgeber die Lebenssituation von Studierenden vorstellt«, eigentlich zu niedrig ist, weiß auch Richter Osthoff. Er zitiert den letzten BAföG-Bericht: »Wir wissen alle, dass das unter den Lebenshaltungskosten ist, es kann aber aus fiskalischen Gründen nicht erhöht werden.« Das BAföG erlaube deshalb 215 Euro zusätzliche Einnahmen, die Härtefallregelung nicht.

Auf die Universitätsverwaltungen, von der Einführung der Studiengebühren bereits an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, kommt jetzt eine Menge zusätzlicher Arbeit zu. »Das ist ein Erfolg für tausende Studierende, deren Härtefallanträge jetzt neu überprüft werden müssen«, freute sich Rechtsanwalt Achelpöhler nach der Verhandlung. Und Ernest Hammerschmidt, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren und Prozessbeobachter, erwartet, dass das Urteil dazu beitragen wird, dass die Gebühreneinführung für das Land »höchstens ein Nullsummenspiel« wird: »Es wird auf jeden Fall so sein, dass jetzt noch einmal immense Kosten auf die Universitäten und damit auf das Land zukommen, wenn tausende von Fällen geprüft werden müssen«, glaubt er.

Richter Ulrich Osthoff hat den Hochschulen bereits ins Stammbuch geschrieben, wie sie dabei vorgehen sollten: »Ich weiß nicht, ob man da so eng sein muss«, kritisiert er das bisherige Verfahren und auch das Ministerium. »Es ist ihrem Ermessen überlassen, das Gesetz macht nur die Vorgabe wirtschaftliche Notlage«, gibt Osthoff die Marschroute vor. Die Urteile sind allerdings noch nicht rechtskräftig. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Gericht in allen drei Verfahren die Berufung zum Oberverwaltungsgericht NRW zugelassen.