Webwecker Bielefeld: konto02

Schnüffeln im Dienst der Ehrlichkeit (Teil 2)



Allein dieser Automatismus sei schon verfassungswidrig, schätzen Strafrechtler. Doch in der allgemeinen Terror-Hysterie verpufften ihre Warnungen. Erst im Zusammenhang mit der Diskussion um Hartz 4 und eine Stigmatisierung Millionen Arbeitsloser als potentielle Schnorrer und Nichtsnutze erkennt die Öffentlichkeit langsam die Brisanz der automatischen Datenabfrage.


Missbräuche praktisch unvermeidbar

Angesichts der mehr als 17.000 Anfragen, die beim Bafin bisher eingegangen sind, ist zu bezweifeln, dass die Behörden dabei nur Schwerstkriminelle im Visier hatten. Missbräuche sind praktisch unvermeidbar, wenn dem »Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit« folgend ab April auch weitere Ämter auf die Bafin-Daten zugreifen können. Im ersten Schritt werden die so genannten Stammdaten eines Kunden abgerufen: Name, Geburtsdatum oder Anschrift sowie Angaben über weitere Kontoverfügungsberechtigte. Befriedigen diese Angaben den Wissensdurst der Institutionen nicht, fragen sie im zweiten Schritt alle Guthaben und Geldbewegungen ab, ohne dass die Bezieher von Arbeitslosengeld II, ihre Kinder, Ehe- und Lebenspartner, Mitbewohner, Rentner, schlicht: alle Inhaber von Bankkonten, mitbekommen, dass sie ausgespäht werden.


Die Kosten der Überwachung trägt der Bankkunde

Die Bundesregierung reagiert mit Binsenweisheiten auf jede Kritik am Procedere: Der Steuerehrliche habe nichts zu befürchten, heißt es in Berlin. Schließlich könne der Staat nicht länger dulden, etliche Steuerpflichtige ihre Kapitaleinkünfte verschleiern. Beispielsweise meldeten nur fünf von hundert Aktionären ihre Gewinne beim Fiskus an. Kritiker quittieren diese Argumente mit einem schmerzlichen Grinsen. Schließlich weiß hierzulande jedes Kind, dass die wirklich großen Steuersünder ihre Gelder längst ins Ausland verschoben haben. Die Kosten der Überwachung müssen übrigens die Banken tragen, und das bedeutet: Letztlich zahlt der Bankkunde seine Überwachung selbst.

Lesenswert: www.jungewelt.de/2004/09-27/003.php

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