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Schnüffeln im Dienst der Ehrlichkeit (01.12.2004)





Ab April 2005 erhalten neben den Finanzämtern auch Arbeits-, Sozial- und Wohnungsämter Zugriff auf die Kundendaten aller deutschen Banken und Sparkassen. Die Unterstellung von Ungereimtheiten reicht. Von der Anfrage erfahren die Betroffenen nicht.

von Aiga Kornemann

Ende März nächsten Jahres endet das Amnestieangebot von Bundesfinanzminister Hans Eichel an Steuerflüchtlinge. Einen Tag später, am ersten April, tritt das »Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit« in Kraft. Das Gesetz ermöglicht Finanzämtern, der so genannten Bundesagentur für Arbeit, Sozial-, Wohngeld- und BaföG-Ämtern auf die Daten sämtlicher Konten und Depots bei deutschen Banken und Sparkassen zuzugreifen. Um Zugriff zu erhalten müssen die Behörden nur versichern, dass eigene Ermittlungen nicht erfolgversprechend seien. Ein Anfangsverdacht auf kriminelle Machenschaften ist für die Abfrage nicht länger erforderlich. Ob die Weitergabe der Daten überhaupt gerechtfertigt oder verhältnismäßig ist, wird gar nicht erst kontrolliert. Wer fragt, erhält Auskunft.


Angriff auf die Privatsphäre

Zahlreiche Juristen halten diesen Zugriff auf die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger für verfassungswidrig. Die Volksbank Raesfeld hat Verfassungsklage eingereicht. Vom Bankgeheimnis bleibe nichts mehr übrig, kritisieren Banker. Datenschützer monieren überdies, wie leicht Behörden ihre Daten völlig willkürlich untereinander abgleichen können, ohne dass bei den Betroffenen zuvor irgendwelche Hinweise auf Unregelmäßigkeiten vorlägen. All dies führe zu einer Art »gläsernem Bürger«, den die Verfasser des Grundgesetzes sicher nicht gewollt hätten. Denn einen derart umfassenden Einblick in die Privatsphäre der Bürger durften sich Behörden bislang nur bei Verdacht auf kriminelle Taten verschaffen.


Terror-Hysterie und Datenschutz

Im Rahmen der Terrorfahndung hat die Bundesregierung bereits im Herbst 2003 bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ein automatisiertes Kontenabfragesystem eingerichtet, das Polizei und Geheimdiensten helfen soll, die Finanzströme terroristischer Organisationen nachzuvollziehen und Geldwäsche zu unterbinden. Seitdem müssen Banken und Sparkassen dem Bundesamt für Finanzen alle Kundendaten für drei Jahre zum Online-Abruf vorhalten.