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Wir wollen nicht neugierig sein, aber... (01.12.2004)





...was ist eigentlich aus Godot geworden, der in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Existentialisten und christliche Eiferer gleichermaßen in Wallung brachte, obwohl er zu einem vereinbarten Termin nicht mal erschien?

Interview: Aiga Kornemann

Als Sie nicht kamen, fürchtete ich schon, die Geschichte würde sich wiederholen. Also besten Dank für Ihren Rückruf.
Das ist doch selbstverständlich. Mein Junge hat das neue Kjsdgri 68i mit seubfly osdihf eojf portabler Espressomaschine.

Was? Es ist sehr laut im Hintergrund, wo sind Sie?
Eroirhgl weiourhtk gly Losie.

Wie bitte?
Vergessen Sie’s.

Nein, nein, Herr Godot, wir haben Sie nicht vergessen. Wo waren Sie so lange?
Ich habe wohl kein Zeitgefühl. Hatte ich Ihnen nicht ausrichten lassen, dass ich heute nicht mehr, aber bestimmt morgen komme?

Das ist fünfzig Jahre her. Schwamm drüber. Wie geht es Ihnen heute?
Gestern, heute, morgen. Sie fangen an, mich zu langweilen. Sollen wir nicht einfach gehen? Gehen wir.

Wir können nicht.
Warum nicht?

Wir warten auf Godot.
Ach ja.

???
Und jetzt?

Äh. Warten Sie mal - eigentlich stellen wir hier die Fragen.
Eben.

Herr Godot, warum sind Sie nicht gekommen?
Wissen Sie – der weite Weg, die staubigen Straßen, die endlose Nacht. Außerdem ist es nicht einfach, mit Ihren Erwartungen zu leben. Was wäre, wenn ich komme, und sich das Treffen anders entwickelt, als Sie gedacht haben. Vielleicht genüge ich den Ansprüchen nicht, die ich in einem, sagen wir, weichen Augenblick in Ihnen geweckt haben muss.

Aber es ging doch nur um ein bisschen Glück, ein Bett auf Stroh, ein heißes Süppchen...
Ich habe Ihnen nichts versprochen, und genau das haben Sie bekommen. Ich stehe zu meinem Wort. Im Gegensatz zu Ihnen: Erst ist es das Bett auf Stroh, das Süppchen, aber genügt es? Soll es morgen nicht doch schon Kaviar sein? Gold im Schrank und 300 PS in der Garage? Ewige Jugend? Warten. Warten. Diese Warterei geht mir ziemlich auf die Nerven. Was wollen Sie eigentlich von mir?

Wenn Sie nicht kommen, macht es keinen Sinn zu warten. Sehen Sie das nicht?
Das ist Ihr Problem. Ich kann Ihnen keinen Sinn machen. Ich bin keine Sinn-Stiftung, kein Handelsvertreter, keine Sinnes-Kommission. Entweder finden Sie Ihren Sinn selbst oder es gibt für Sie keinen. So ist das.

Das ist es: Streiten wir ein wenig. Wozu brauchen Sie überhaupt einen Sinn?
Ich? Ich brauche keinen. Ich habe nie um einen Sinn gebeten. Sie haben damit angefangen.

Und Sie haben mitgemacht.
Das haben Sie gesagt.

Sonst wären Sie jetzt nicht hier.
Seien Sie sich da bloß nicht so sicher.

Eben.
Eben. Hochmut kommt vor dem Müßiggang zu Fall. Und aller Anfang ist schwer, weil Müßiggang... da kommt ein Laster, halt den Daumen raus, die Steine, die Steine in Oldenburg, was für eine Staubwolke, Tennis, Golf, Fliegen, Siegen, die Steine, ich hätte zu Hause bleiben sollen, gehen wir, wir können nicht, wir warten auf Godot, ach ja...

In Oldenburg?
Der Hut, der Hut an Rhein und Main, Rhein und Ruhr, wo bitte geht es hier zur Rezeption, am Ende des Ganges links, das Meer, Möwen schreien in den Tiefen, Höhlen, Feuer, wie ich bereits sagte, aber dazu kommen wir noch...

Herr Godot?
Andererseits in Anbetracht der unzulänglichen Verforschungen, wo geht’s denn hier zur Bühne...

Herr Godot?
Aus dem Weg, ich muss Minden finden...

Ein Ensemble der Freilichtbühne Porta Westfalica spielt Samuel Becketts »Warten auf Godot« im Kleinen Theater am Weingarten in Minden. Infos unter www.portabuehne.de

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