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Barbara Honigmann: »Ein Kapitel aus meinem Leben«



Titel: »Ein Kapitel aus meinem Leben«Barbara Honigmann, 1949 geboren und als Romanautorin bekannt, versucht in „Ein Kapitel aus meinem Leben“, das bewegte Leben ihrer Mutter Lizzy nachzuspüren. Ihre Annäherung an ihre Mutter, diese schillernde und widersprüchliche Figur, ist verständlicherweise eine sehr persönliche und literarische. „Ich bin nirgends hingereist, hingefahren, hingegangen. Habe keine Dokumente gesucht, gefunden , gesehen. Ich hätte es tun können, aber ich habe es nicht getan“. Barbara Honigmann misstraut den scheinbar objektiven harten Fakten sondern vertraut auf ihr Gespür, ihrer Intuition.

Ihre Mutter Lizzy war Jüdin, sie lebte in den zwanziger Jahren in Wien und konnte glücklicherweise sowohl der nationalsozialistischen Judenverfolgung als auch dem Krieg entkommen. Weitere Stationen ihres Lebens waren Paris, London, Ost-Berlin und schließlich wieder Wien, allerdings erst in hohem Alter. Lizzy war überzeugte Kommunistin, und u.a. ein wenig mehr als 12 Jahre mit dem Doppelagenten und „Meisterspion“ Kim Philby verheiratet. Ein Schriftzug in einer Shelley-Ausabe, „Litzy Philby“ und ein Foto in einem Schuhkarton, abgebildet ein junger, interessant aussehender, pfeiferauchender Mann, deuten der Tochter schon beizeiten eine ihr unbekannte Lebensepisode der Mutter an. „Meine Mutter hatte, trotz aller Geheimnisse, gar keinen verschwiegenen Charakter, sie redetet viel und gerne und war Meisterin der Konversation, also der Kunst, das Gespräch von der einen in eine andere Richtung zu wenden....Natürlich fragte ich meine Mutter, wer ist das, ein Freund von früher? Was macht er? Aber sie hatte die Fähigkeit, diese Fragen immer ganz beiläufig und ohne dass ich es richtig merkte, in eine Gespräch über meine Angelegenheiten umzulenken....sie stellt immer viele Fragen, aber Antworten gab sie nie.“