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Kristina Borjesson (Hg.): Zensor USA. Wie die amerikanische Presse zum Schweigen gebracht wird.



Titel: Zensor USA. Wie die amerikanische Presse zum Schweigen gebracht wird.
Von Manfred Horn

Es gab einmal eine Zeit, da genoss die us-amerikanische Presse großes Ansehen: Die Aufdeckung der Watergate-Affäre zum Beispiel gilt bis heute als Paradebeispiel investigativen Journalismus. Carl Bernstein und Bob Woodward deckten 1972 für die ›Washington Post‹ die Machenschaften des Präsidenten Nixon auf, der in die Parteizentrale der Demokraten einbrachen ließ. Nixon musste schließlich zurücktreten.

32 Jahre später hat sich die Situation dramatisch verändert. Kristina Borjesson hat im Pendo-Verlag ein Buch herausgegeben, indem dreizehn JournalistInnen belegen, dass die us-amerikanische Presselandschaft der Gegenwart von Zensur geprägt ist. Ausgangspunkt ist dabei Borjessons eigene Erfahrung als Journalistin: Sie sollte im Auftrag des Senders ›CBS‹ herausfinden, warum die Maschine des TWA-Flugs 800 vor der Küste von Long Island explodierte, doch dann tauchte das FBI im Sender auf und suchte angeblich nach Beweismitteln, die Borjesson in einem Hangar auf New Island gestohlen haben soll. »In mein Auto wurde eingebrochen. Alle Dokumente und mein Computer wurden gestohlen. Nichts anderes, keine Wertsachen, nur die Unterlagen zu diesem Fall. Da kriegt man Angst«, berichtet sie. Borjesson, die nach eigener Aussage »einmal an Amerika geglaubt« hat, stieg daraufhin bei CBS aus. Sie hatte Bekanntschaft gemacht mit dem Zensursystem in den USA: wer an besonders brisanten Reportagen arbeitet, die etwas mit einem Fehlverhalten hoher Regierungsstellen und großer Konzerne zu tun haben, kann mit dem Ende seiner Karriere rechnen.

Die Folge: Immer weniger investigativer Journalismus kommt in die US-Medien, ein Trend, der auch in der Bundesrepublik zu beobachten ist. Allerdings mit einem wichtigen Unterschied: Recherche-Journalismus war in der deutschen Medienlandschaft sowieso nie besonders weit entwickelt. In den USA wird die Pressefreiheit hochgehalten, ist sie doch ein wesentliches Demokratiemerkmal. Als vierte Gewalt im Staat genießt sie angeblich besonderen Respekt, die Medien sollen die »watchdogs«, die Wachhunde der Demokratie sein.

Alles Käse, würde Charlotte Dennett antworten. In ihrem Buchbeitrag geht sie auf die bruchstückhafte Berichterstattung im Kampf gegen den Terror ein. Die US-Medien hätten es in jedem einzelnen Stadium von Bushs Krieg versäumt, kritische Fragen zu stellen. Vor allem fehle den Medien eine Kontextualisierung, also die Einbettung großer Ereignisse in soziale, kulturelle und historische Ebenen. Wer versuche, die »isolierenden Nebelwände« zu durchbrechen, werde häufig als Verschwörungstheoretiker beschimpft.

Dennett berichtet von der großen Zensur, die nach dem 11. September einsetzte: entweder auf Druck der Regierung oder durch Selbstzensur. Als Michael Moore kurz nach dem 11. September 2001 sein Buch ›Stupid White Men‹ veröffentlichen wollte, 50.000 Exemplare waren schon gedruckt, wurde von ihm verlangt, das Buch umzuschreiben. Seine Kritik solle bitte schön gemäßigter ausfallen. Selbst zwei Jahre später sei noch jeder Journalist, der mehr sage als »Amerika gut, Terroristen böse«, wütenden Angriffen ausgesetzt.