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Die Politik der neuen Lebensbestimmung (01.12.2004)



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Zur Freude von Vereinsmitglied Petra Günter wagt sich Karl Hermann Haackin ein Prunkstück der Ausstellung »Lebensgerechtes Wohnen«: In eine barrierefrei begehbare Dusche, die sich mit einem Schott wasserdicht verschließen und in eine Badewanne verwandeln lässt. Foto: aigiko


von Aiga Kornemann


Ein Spätnachmittag im November: Nieselregen bestäubt matt glänzenden Asphalt. Fast versinkt die Sicht im Grau, doch aus einem Fenster im Erdgeschoss der Harrogate Allee 2 dringt warmes Licht nach draußen. Der Förderverein Lebensgerechtes Wohnen OWL e.V. erwartet Besuch in seiner Musterwohnung. Geschäftsführerin Vera Wiehe schenkt Kaffee nach, Mitarbeiterin Petra Günter sinkt in einen Sessel. Karl Hermann Haack, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, folgt der Einladung des Vereins zum Besuch der Dauerausstellung »lebensgerechtes und barrierefreies Wohnen« mit einer kleinen, wetterbedingten Verspätung.

»In meiner Familie werden alle 90«, sagt der hoch gewachsene 64-Jährige beim Eintreffen und ergänzt, dass das ja auch Probleme mit sich bringe. Darum habe er seine Wohnung, als es nötig wurde, auch gleich altersgerecht renoviert. »Ich habe zum Beispiel die Arbeitsflächen erhöht, damit ich im Alter nicht krumm stehen muss.« Petra Günter, selbst 1,80 Meter groß, nickt zustimmend. Fachbegriffe fließen ein, vom »demografischen Wandel« ist die Rede, vom »Paradigmenwechsel« und vom »Universal Design«.


Austausch fördern

Schon sind die drei im Thema. Haack hakt nach: »Was genau macht Ihr Verein?« Das Ziel sei, intelligente Lösungen für die Wohnräume der Zukunft zu entwickeln und bekannt zu machen, erläutert Geschäftsführerin Wiehe. Dabei versteht sich der Förderverein als Bindeglied zwischen Planern, Handwerkern und Herstellern auf der einen und Verbrauchern auf der anderen Seite, also Senioren, Menschen mit körperlichen Einschränkungen und alle, die auf spezielle Bedürfnisse an Ausstattung und Gestaltung ihrer Wohnung eingehen wollen oder müssen.

Das Informationszentrum des Vereins bietet eine für die Region einzigartige Vielfalt an Beispielen barrierefreier Wohnideen, die interessierte Besucher ansehen und ausprobieren können. Das Spektrum reicht vom Hausnotruf übers ergonomische Schreibpult und schlaue Haushaltserfindungen wie einen Tritt, an dem man sich festhalten kann, bis zur komplett absenkbaren Küchenzeile.


Ideen, die das Leben leichter machen

»Oft sind es Kleinigkeiten, die das Leben leichter machen«, sagt Petra Günter, die den Behindertenbeauftragten durch die Ausstellung führt. Wenig aufwendig, aber sehr schlau, ist etwa die Idee, ein Frühstücksbrett am Rand mit Holzdübeln zu versehen, die eine Seite des Brettchens an der Tischkante halten und auf der anderen verhindern, dass einem die Schnitte wegrutscht. »Das brauchen doch nicht nur die so genannten Behinderten, da ist doch jeder, der einen Gipsarm hat, glücklich drüber«, findet Günter.