Webwecker Bielefeld: witsch01

Maximales und Geheimes (26.01.2005)





Gängige Ästhetik rechtsextremer Seiten: Wir sind stark, wir halten zusammen





Verbieten, filtern, laufen lassen? Rechtsextreme Internetseiten sind auf jeden Fall ein Ärgernis. Doch in der Frage, wie damit umgehen, scheiden sich die Geister. Monika Witsch von der Universität Bielefeld hält nichts von Filtern und viel von Auseinandersetzung mit der nazistischen Ästhetik im Netz



Von Manfred Horn

Verbieten, filtern, laufen lassen? Rechtsextreme Internetseiten sind auf jeden Fall ein Ärgernis. Doch in der Frage, wie damit umgehen, scheiden sich die Geister. Ende Dezember 2004 wurde dem Düsseldorfer Regierungspräsidenten gerichtlich bescheinigt, dass er Internetseiten mit rechtsextremen Inhalten sperren lassen darf. Regierungspräsident Jürgen Büssow, nach dem NRW-Mediendienst-Staatsvertrag zuständig für die Regulierung des Internet und weiterer Mediendienste wie Teleshopping in ganz NRW, hatte bereits vor über zwei Jahren 76 Access-Provider – Unternehmen, die Zugang zum Netz bieten– angewiesen, zwei rechtsextremen Internetseiten aus den USA zu sperren. Sie sind dann für die Internetnutzer, die über diese Provider ins Netz gehen, nicht mehr direkt aufrufbar. Von diesen zwei Service-Providern, also Unternehmen, die Platz im Netz verkaufen – in den USA aus wurden nach Angaben des Verfassungsschutzes über 100 deutschsprachige rechtsextreme Seiten ins Netz gestellt.

Gegen die Anweisung hatten in 16 Provider vor dem Verwaltungsgericht Arnsberg geklagt, bisher ohne Erfolg. Ihr Hauptargument: Die Seiten ließen sich nur mit hohem Aufwand sperren, und dann auch nur mit einer mäßigen Garantie, dass sie wirklich nicht mehr aufgerufen werden können. Rechtsextreme Seiten können von überall auf der Welt ›gehostet‹ – also ins Netz gebracht – werden. Es gibt kaum Länder, in denen das strafbar ist. Viele rechtsextreme Seiten werden in Deutschland produziert und dann über einen Provider in den USA ins Netz gespielt, wo es keinerlei rechtliche Einschränkungen gibt. Waren es 1998 noch ganze 156 Homepages, die von Rechtsextremen aus Deutschland betrieben wurden, explodierte die Zahl in den folgenden Jahren: 2001 waren es 1.300, momentan sind es, auf Grund verstärkter Beobachtung durch Polizei und Justiz, noch circa 1.000. Ein Erfolg, sind doch die Behörden dazu übergegangen, weltweit Kontakt zu den Providern aufzunehmen und um die Entfernung der Seiten zu bitten.


Ein Internet ohne Rechtsextremes wird es nicht geben

Alle Experten sind sich jedoch einig: Ein Internet ohne rechtsextreme Seiten wird es nicht geben. Dies liegt an der netzartigen Grundstruktur des weltweiten Netzes, die nicht zu kontrollieren ist. Dennoch zeigt sich Büssow nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts optimistisch: „Wir dürfen davon ausgehen, dass die zuständigen Stellen in Zukunft handeln werden und nicht mehr auf eine unsichere Rechtslage verweisen können«. Er hofft, dass nun auch der Internetanbieter T-online »die strafbewehrten Nazisites tatsächlich sperrt«.

Die Verfügungen des Regierungspräsidenten Büssow sind in Deutschland allerdings nicht die einzigen Bemühungen: Auch Bildungseinrichtungen wie Schulen, Universitäten und Bibliotheken versuchen mittels Filtersoftware, bestimmte pornographische und rechtsextreme Inhalte von ihren Nutzern vor Ort fernzuhalten. In Berlin scheiterte im September 2004 der Versuch der CDU-Fraktion, für alle Berliner Schulen ein umfassendes Filtersystem aufzubauen. Mit einer speziellen Filtersoftware sollen so bestimmte Inhalte für die Nutzer nicht mehr sichtbar sein. Der Kampf für und gegen Filter im Internet ist im Moment im vollen Gange.