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Gespaltene Geschichte (09.02.2005)








Von Manfred Horn

Über 2.700 Tote und fast ebensoviele Verletzte hat der Tsunami in Mullaittivu gefordert, zehntausende sind in Notunterkünfte geflüchtet, in denen sie zur Zeit mit dem Nötigsten versorgt werden. Die Region liegt im Nord-Osten Sri Lankas. Hier leben vor allem Tamilen. Sie stellen 18 Prozent der Bevölkerung. Seit Jahrzehnten ist die Region umkämpft, im 20 Jahre andauernden Bürgerkrieg, der bis vor drei Jahren andauerte, starben allein 19.000 Menschen. Seitdem herrscht ein labiler Waffenstillstand.

Der Tsunami ist ein weiterer schwerer Schlag für die eh schon arg gebeutelten Menschen in dieser Region. Sie wird von der LTTE kontrolliert. Diese Guerillaorganisation, die allgemein als ›Tamile Tigers‹ bezeichnet wird, will einen eigenen Staat im Nord-Osten der Insel errichten. Wer den Konflikt zwischen Singhalesen, die die Bevölkerungsmehrheit stellen, und Tamilen verstehen will, muss weit in die Geschichte zurückgehen: 543 Jahre vor unserer Zeitrechnung landete der nordindische Prinz Vijaya mit 700 Anhängern auf der Insel. Vijaya gilt als der Stammvater der Singhalesen, In den folgenden Jahrhunderten gab es immer wieder Konflikte zwischen Tamilen und Singhalesen. Es bilden sich mehrere Königreiche im Norden und Süden der Insel heraus.

1505 treffen mit den Portugiesen erstmals Europäer auf der Insel ein. Sie wurden im 17. Jahrhundert von den Holländern verdrängt, schließlich erklärten die Briten Sri Lanka, damals noch unter dem Namen Ceylon 1802 zu ihrer Kolonie. Sie bauten erstmals in großem Stil Tee auf der Insel an, der sich gewinnbringend in Europa absetzen ließ. 1948 folgt die Unabhängigkeit und Gründung einer Republik, die seit 1972 Sri Lanka heißt.


Diskriminierung als Staatsprinzip

Doch die Unabhängigkeit war nicht von einer Beseitung ethnischer Unterschiede geprägt, im Gegenteil: Tamilen galten praktisch ab dem Tag der Unabhängigkeitserklärung als Bürger zweiter Klasse und niedriger Kaste. Damit kehrten sich die Verhältnisse um: Die Tamilen waren auf Grund ihrers guten Bildungsstandes die Priveligierten unter der britischen Kolonialherrschaft.

Die erste Regierung, von der singhalesischen UNP (United National Party) dominiert, machte ein Gesetz, das die ethnischen Spannungen anheizte: Sie erklärte die zugewanderten Tamilen, obwohl viele von ihnen schon seit zwei Jahrhunderten auf der Insel lebten, zu Ausländern. Sie waren von der britischen Kolonialherrschaft als billige Arbeitskräfte aus Indien geholt worden, um billige Arbeitskräfte für die Teeplantagen zu haben. Bis August 1951 konnten sie eine Einbürgerung beantragt werden. Voraussetzung dafür waren mindestens zehne Jahre Aufenthalt. Den Nachweis sollten Arbeitsverträge erbringen, deren Beschaffung für die meisten aus Indien eingewanderten Tamilen nicht möglich war.

Nur einem Sechstel der Anträge wurde schließlich stattgegeben, dadurch verloren acht Prozent der Inselbevölkerung und 50 Prozent der tamilischen Bevölkerung ihre Bürgerrechte. Die meisten von ihnen wanderten daraufhin nach Indien aus. Die Diskriminirierung setzte sich fort, indem Sinhala in den 1950er Jahren als alleinige Amtssprache definiert wurde. Tamil als Muttersprache der Tamilen verlor an Bedeutung. Tamilen wurden, auch mangels Kenntnissen in der neuen Amtssprache, aus dem Staatsdienst zurückzudrängt.Militär und Polizei rekrutierten ausschließlich singhalesisches Personal.