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Weiter geduldet in Ketten (Teil 2)



Doch entgegen der politischen Ankündigungen sind die Duldungen nicht abgeschafft. »Die Rechte von seit langem hier lebenden Menschen sind im Gegenteil im neuen Gesetz ausgeklammert«, meint Kathrin Dallwitz. Sie fordert wie andere auch, dass diejenigen, die bisher nur geduldet waren, einen dauerhaften Aufenthaltsstatus bekommen. Geduldete können nach dem neuen Gesetz nach 18 Monaten prüfen lassen, ob sie nicht doch einen gesicherten Aufenthaltstitel bekommen. Scheitern sie damit, bleiben sie beim Status des Geduldeten. Dallwitz sieht hier eine politisch gewollte Trennung zwischen Menschen, die der Staat hier will und die entsprechende Rechte bekommen und denjenigen, die nahezu rechtlos sind.






Catrin Hirte-Piel: »Es ist nach wie vor ein Elend, in Deutschland als Flüchtling zu leben«



Wer seine Identität nicht preisgibt, bekommt keine Arbeitserlaubnis

Die Anwältin Catrin Hirte-Piel unterstreicht dies: Mit dem neuen Zuwanderungsgesetz ist nicht mehr die Agentur für Arbeit für die Erteilung einer Arbeitsgenehmigung für Geduldete zuständig. Vielmehr entscheidet nun die Ausländerbehörde. Die prüft, ob damit einem Deutschen der Arbeitsplatz weggenommen werden könnte und erteilt auch Erwerbsverbote für diejenigen, die bei ihrer Einreise eine falsche Identität angegeben haben. In die Duldung kommt dann auch ein Stempel, der besagt, dass keine Ansprüche nach SGB II bestehen. Dies bedeutet konkret keine Ansprüche auf das Arbeitslosengeld II. Diejenigen, die vorher jahrelang als Geduldete sozialversicherungspflichtig gearbeitet haben, haben noch nicht einmal mehr Anspruch auf das Arbeitslosengeld I, wenn ihnen das Ausländeramt künftig Erwerbstätigkeit untersagt. Sie erhalten dann Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die 25 Prozent unter dem Sozialhilfesatz liegen. »Das sind 75 Prozent von einem angeblichen Leben in Würde, ein unhaltbarer Zustand«, erklärt Frank Gockel vom Flüchtlingsrat NRW.

Gockel fehlt in dem Gesetzestext vor allem ein Wort: »zumutbar«. Die bisherige Sprachregelung des Paragraphen 25 – »eine Aufenthaltserlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Ausländer unverschuldet an der Ausreise gehindert ist« – führt im Gegenteil dazu, dass die Zumutbarkeit meistens gar nicht erst geprüft wird. Für Gockel eine entscheidende Frage: «Ist die Ausreise überhaupt zumutbar?«


Zumutbarkeit kein Kriterium

Das Land Hessen beispielsweise prüft die Zumutbarkeit erst gar nicht, ihm reicht es, dass die Möglichkeit der freiwilligen Ausreise besteht, nicht aber »ob diese – subjektiv – zumutbar sind«. Dies hat das hessische Innenministerium in seinen Anwendungshinweisen für Paragraph 25, Abs 5 klargestellt. Das Land NRW prüft zwar die Zumutbarkeit, reduziert diese jedoch auf die Frage, ob eine Ausreise wegen »aus schwerwiegenden krankheitsbedingten Gründen unzumutbar« sei. »Sonstige Gesichtspunkte (…) (z. B. lange Aufenthaltszeiten im Bundesgebiet, Gesichtspunkte 'faktischer' Integration aufgrund der Aufenthaltsdauer) (…) müssen dagegen unberücksichtigt bleiben«, heißt es in der Erlaß des NRW-Innenministeriums vom 28. Februar weiter. Die Bundesregierung hatte in der Begründung zum neuen Zuwanderungsgesetz noch geschrieben: »Durch die Anwendung der Regelung soll sichergestellt werden, das die Praxis der Kettenduldung beendet wird. Ein positiver Ermessensgebrauch wird jedenfalls für Minderjährige und für seit längerem in Deutschland sich aufhaltende Ausländer geboten sein«. In der Praxis schließen dies zur Zeit aber alle Bundesländer außer Rheinland-Pfalz durch entsprechende Erlasse aus.