Webwecker Bielefeld: zuwanderungneu03

Weiter geduldet in Ketten (Teil 3)





Frank Gockel: »Das Wort ›zumutbar‹ fehlt«



Der Erlass des NRW-Innenministeriums zu den Duldungen drückt auch auf die kommunalen Ausländerämter. Die werden diesen Druck entweder gar nicht wahrnehmen, weil sie sowieso schon immer schnell mit Abschiebungen bei der Sache waren, oder aber resignieren. Denn der Erlass zu lässt den Ämtern keinen Spielraum mehr. Hoffnung sieht die Anwältin Hirte-Piel dennoch. Denn das neue Zuwanderungsgesetz brachte eine weitere Veränderung: In Rechtsverfahren sind nicht mehr nur die Verwaltungsgerichte, sondern nun auch Sozialgerichte zuständig. »Da besteht die Hoffnung, dass sie sich mehr mit den Menschen auseinandersetzen«, sagt Hirte-Piel und nennt auch ein aktuelles Beispiel: Das Sozialgericht Braunschweig sprach einer Familie Analogleistungen zum SGB XII zu. Sie erhält nun den Regelsatz der Sozialhilfe und nicht 75 Prozent davon, weil es laut Gericht humanitäre Gründe gebe, die eine Ausreise verhinderten. Das Gericht erklärte damit eine Ausreise in den Kosovo schlicht für nicht zumutbar, entsprechend müssten die Leistungen angepasst werden. Denn das Zuwanderungsgesetz sieht auch vor, dass wer mehr als drei Jahre als Geduldeter in Deutschland lebt, Anspruch auf den Regelsatz der Sozialhilfe hat.

Gockel kennt eine Familie, die bereits seit 18 Jahren mit einer Duldung in Deutschland lebt. Immer wieder muss sie diese verlängern lassen, nie kann sie sicher sein, hier bleiben zu können. »Es fehlt eine Altfallregelung«, sagt Gockel. Es müsse eine Regelung geben, die besagt, dass wer eine bestimmte Anzahl von Jahren hier lebt, einen dauerhaften Aufenthaltsstatus bekomme. Kein Weg aus der Sackgasse sind für ihn Härtefallkommissionen: Nach dem Zuwanderungsgesetz können Länder solche einrichten, in NRW gab es die auch schon vorher. Doch die Kommissionen arbeiten ehrenamtlich, treffen sich entsprechend nur alle zwei Wochen für wenige Stunden. Sie sind nicht in der Lage, die Berge von Anträgen zu bearbeiten. Bis Ende Februar sollen bereits 6.000 Anträge von Flüchtlingen eingegangen sein, die Kommission schafft pro Sitzung aber nur fünf bis zehn Fälle. Die Folge: Die meisten Anträge werden in einer Vorprüfung, die nur wenige Sekunden dauert, erst gar nicht angenommen.


Weitere Informationen beim Bielefelder Flüchtlingsrat im IBZ, Teutoburger Straße. fon 0521-60574, dort offene Beratung montags 10 bis 12 Uhr, donnerstags 14 – 16 Uhr, freitags 10 bis 12 Uhr.

Der Flüchtlingsrat hat Forderungen an die NRW-Landesregierung formuliert. Darin spricht er sich unter anderem für ein Ende der Kettenduldungen aus. Diese Forderungen können beim Flüchtlingsrat eingesehen und unterschrieben werden.

Weitere Informationen im Netz: www.fluechtlingsrat-nrw.de