Webwecker Bielefeld: zabinterview01

»Mit Menschen menschlicher umgehen« (06.04.2005)





Frank Gockel: »Die Handhabe, wie man mit den Menschen
umgeht, ist unmöglich«




Die drei Zentralen Ausländerbehörden (ZAB) in Köln, Düsseldorf und Bielefeld sind die erste Anlaufstelle für Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen. Flüchtlingsinitiativen werfen den Behörden »institutionellen Rassismus« vor. Am Samstag starten sie deshalb mit einer Demonstration in Bielefeld eine Kampagne unter dem Motto »ZABschaffen«. (WebWecker berichtete). Im WebWecker-Interview äußert sich Frank Gockel vom Flüchtlingsrat NRW zu den Aufgaben der Zentralen Ausländerbehörden und zur Kritik an ihnen.



Interview: Mario A. Sarcletti


WebWecker: Was ist die Aufgabe der ZAB?

Frank Gockel: Die ZAB spielt im Leben eines Flüchtlings zwei entscheidende Rollen: Das eine ist, wenn er nach Deutschland kommt, muss er sich bei der ZAB melden, bevor er zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge weitergeleitet wird, das hier eine Außenstelle hat. Dort stellt er dann seinen Asylantrag. Die zweite Aufgabe ist dann bei der Abschiebung, wo sich die ZAB um die Papiere kümmert und in der Regel auch die Abschiebung durchführt.


Es gibt jetzt Kritik an der ZAB. Wie lautet die?

Es gibt verschiedene Kritikpunkte: Zum einen ist es gerade auch hier in Bielefeld so, dass die unmöglich mit diesen Menschen umgehen. Man muss sich das so vorstellen: Ein Flüchtling kommt hierhin und bittet um Asyl und das erste, was sie hier in Bielefeld machen, ist, ihn zu durchsuchen. Er muss sich als erstes bei der ZAB melden, da darf auch kein Deutscher mit hineingehen. Da ist extra ein Schild an der Tür angebracht, dass nur noch Flüchtlinge dieses Gebäude betreten dürfen. Dort kriegt er dann einen Zettel in die Hand gedrückt, den er ausfüllen muss. Oft sind diese Zettel noch nicht mal in einer Sprache, die diese Leute sprechen oder verstehen können. Wenn er diesen Zettel ausgefüllt hat, dann bekommt er einen Gutschein für das so genannte Südhotel hier in Bielefeld. Das ist eine Unterkunft von der ZAB, wo es für die Betroffenen unmögliche Lebensbedingungen gibt.


Wie geht es für die Menschen dann weiter?

Ein, zwei Tage später wird er dann wieder zur ZAB hingekarrt. Dort wird er durchsucht und dann läuft das eigentliche Verfahren mit dem Bundesamt. Diese ganze Handhabe, wie man mit den Menschen umgeht, ist einfach unmöglich. Statt jemanden erst mal in Ruhe zu lassen, der nach Deutschland einreist, wird er sofort in diesem System aufgerieben. Dieses enge Zusammenspiel von ZAB und Bundesamt sorgt dafür, dass er innerhalb der ersten zwei, drei Tage ein Interview geben muss, wo er sein ganzes Flüchtlingsschicksal darlegen soll. Da sollen sie sich hier einem Beamten gegenüber setzen, mit zwei Schreibtischen dazwischen, und sollen dann alles erzählen. Fehler, die sie dort in dem Verfahren machen oder Dinge, die sie da weggelassen haben, die bekommt man später überhaupt nicht mehr in das Verfahren hinein. Es ist dadurch heute für Flüchtlinge fast unmöglich, ihr eigenes Schicksal so darlegen zu können, dass sie hier Asyl bekommen.


Sie haben ja viel mit Flüchtlingen zu tun: Wie beschreiben die ihre Gefühle nach so einer Befragung nach ihrer Flucht?

Das ganz große Problem ist, dass sich viele genau in die Situation zurückversetzt fühlen, wie sie sie auch im Herkunftsland erlebt haben. Auch da sind es in der Regel oft Behörden gewesen, mit denen sie Probleme hatten, dementsprechend groß ist auch die Angst zu so einer Behörde wieder hinzugehen. Und es ist unter Umständen genau dieselbe Situation wie im Herkunftsland auch, wo dann Schreibtische dazwischen sind, dieses ganze Ambiente. Es wird überhaupt nicht auf die Leute eingegangen. Alleine der Warteraum bei der ZAB: Das ist ein weißer kahler Raum mit Gittern, die Leute fühlen sich einfach unwohl und in eine Situation reingedrängt, aus der sie raus wollten.