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Besetzung light (13.04.2005)





Immer schön im Rhythmus bleiben.
Alternativer Unterricht im besetzten Oberstufenkolleg. (Fotos: Mathias Klenk)


Mit einem selbstorganisierten Unterrichtstag protestierten am Dienstag im Oberstufen-Kolleg die KollegiatInnen gegen die Umstrukturierung ihrer Schule und gegen die herrschende Bildungspolitik


Von Karl Mosh

Der Morgen des 12. Aprils wirkt hier, zwischen Fachhochschule und Universität, wie jeder andere auch. Die Stadtbahn spuckt im regelmäßigen Takt Leute aus, die sich gemütlich zu ihren Bildungsstätten bewegen. Zwischen drin viele Radfahrer und kleine LaborschülerInnen mit riesigen Schulranzen. Die Türme der Uni ragen in den grauen Himmel. Zwei bunte Transparente hängen aus den Fenstern des Oberstufenkollegs (OS). Sie lassen erahnen, dass heute vielleicht doch nicht alles seinen gewohnten Gang geht.

Die Lernenden und Lehrenden, die zum ersten Block eilen, scheinen nicht so recht zu wissen was hier geschieht. An den Türen drücken ihnen ein paar freundliche KollegiatInnen Flugblätter und den geplanten Tagesablauf in die Hand. Normalerweise wird dieser am OS, wie an jeder anderen Schule, von einem Stundenplan bestimmt. Heute nicht. Eine Gruppe von KollegeatInnen hat keine Lust auf »die zunehmende Angleichung unserer Einrichtung an das Regelschulsystem« und beschloss für einen Tag die Kontrolle über das Lehrangebot am OS in die eigene Hand zu nehmen. Die Tische und Stühle in den Unterrichtsräumen wurden abgeräumt um die geordnete Durchführung des Unterrichtstages zu erschweren. Das ist aber auch fast die einzige direkte Störung des normalen Ablaufs.

Stattdessen organisierten die KollegiatInnen zahlreiche Workshops und Kurse und luden Otto Herz ein. Er ist ein renommierter Reformpädagoge und war Assistent von Hartmut von Henting, dem Erfinder und Gründer des Oberstufenkollegs und der Laborschule. In einer Pressemitteilung erklärte die Gruppe, dass »dieses vielfältige und alternative Lernangebot repräsentativ für die Forderung nach einem selbstbestimmten und selbstständigen Leben steht«. Ihre Kritik richtet sich nicht primär an das OS, weil »das ja anderen Schulen in vielem voraus ist -, sondern an die Bildungspolitik und ihrem Handlanger, dem Bildungsministerium« wie sie weiter schreiben.

Die Tür zu den Informatikräumen wird durch eine große Leinwand versperrt. Vor ihr steht Alexander und malt. Eine moderate Form der Blockade, denn ständig kommen KollegiatInnen, die seine Leinwand unsanft zur Seite schieben um zu ihrem Unterricht zu gelangen. »Die meisten Kollegiaten haben es verlernt sich durchzusetzten. Man merkt, wie stark ihr Denken davon beeinflusst ist, zu glauben, dass der normale Unterricht jetzt sein muss, sonst kommen sie nicht durch«, Alexander hingegen ist die Solidarität unter den KollgiatInnen wichtiger.

Die Lehrenden sind zwar im ersten Augenblick verunsichert, Aber weil viele KollegiatInnen hinter ihnen stehen, sind sie der Meinung, diese Schüler wollen jetzt lernen. Ein gut gelaunter Lehrer drückt sich an Alexander vorbei. »Die Ökonomen wissen was zu tun ist«, meint er mit Hinweis auf viele, die seinen Kurs in Wirtschaftswissenschaften nicht verpassen wollen. »Das bezweifle ich nicht«, entgegnet Alexander und malt weiter.

Klaus sitzt mit einigen anderen KolegiatInnen auf dem Feld 3 in einem Klassenraum. Die Stühle und Tische mussten sie zusammensuchen. Er sieht die Aktion skeptisch: »Ich weiß nicht worum es geht und mir hat auch niemand was gesagt«. Es könne nicht angehen, dass der Unterricht einfach ausfalle. »In acht Wochen schreibe ich mein Abi«, sagt er. Dies sei ihm wesentlich wichtiger »als irgend ein anderer Kram der hier stattfindet«.