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Ein-Euro Jobs bringen keine Arbeitsplätze (Teil 2)



Überhaupt muss sich Sopp die Frage gefallen lassen, warum das Johanneswerk Ein-Euro-Jobs gegen besseres Wissen eingerichtet habe. »So funktioniert Politik nicht«, urteilt Kreutz, der es als ehemaliger Landtagsabgeordneter eigentlich wissen muss. »Wer eine Zukunft der Sozialstaatlichkeit haben will, muss einen Politikwechsel herbeiführen«, ergänzt er. Sogenannte Realpolitiker versuchten seit 30 Jahren, »Schlimmeres abzuwenden«. Das Ergebnis indes sei, dass es immer schlimmer werde. Aus machtvollen wirtschaftlichen Interessen werde der Sozialstaat kaputtgemacht. »Die wollen nur deregulieren«, urteilt Kreutz. Da distanziert er sich auch von Sopp, der anklingen lässt, die Arbeitsmarktreformen der Bundesregierung seien immer noch besser als der Neoliberalismus, den er in Folge eines politischen Machtwechsels heraufziehen sieht. Für Kreutz aber ist die Gesellschaft längst mittendrin im Neoliberalismus.

Sopp betont, die eingestellten Ein-Euro-Jober seien alle freiwillig gekommen. Das Johanneswerk will die Erfahrungen mit dem Ein-Euro-Job evaluieren, für einen Zwischenbericht sei es jetzt aber noch zu früh. Was er gehört habe im Unternehmen, sei aber durchaus positiv gewesen: »Besser als zu Hause sitzen« oder »Es macht Spaß, in diesem Bereich zu arbeiten«.


Fehlanzeige in Sachen Freiwilligkeit

Ulrike Gießelmann hingegen von der Sozialberatung ›Widerspruch‹ sieht keine Freiwilligkeit: Die Agentur für Arbeit lade betroffene ALG-II Empfänger ein, versammele 20 von ihnen in einem Raum. Dort werden dann die Vorzüge der Angebote geschildert und schließlich öffentlich gefragt: Wer macht mit? »Nach Jahren der Hängemattedebatte traut sich niemand mehr zu sagen: Ich nicht«, ist sich Gießelmann sicher, »hier wird eindeutig eine Notlage ausgenutzt«.

Zumal die ALG-II Empfänger wissen, dass ihnen bei Verweigerung Kürzung oder gar die Streichung der Bezüge droht. Aber nicht nur bei den betroffenen Arbeitslosen könne nicht von Freiwilligkeit geredet werden, selbst die Bundesagentur habe die Ein-Euro-Jobs eigentlich gar nicht gewollt. Schließlich kosten sie der Behörde Aufwand und Geld, Ein-Euro-Stellen werden mit bis zu 500 Euro im Monat von der Bundesagentur bezuschusst. Geld, das allerdings nicht der Jobber, sondern der Arbeitgeber erhält.

Freiwillig ist also irgendwie keiner dabei, weder die Agentur für Arbeit, noch die Ein-Euro-Jobber und auch nicht die Arbeitgeber, zumindest stellt es beispielsweise das Johanneswerk so dar. Zwar hat das Johanneswerk interne Bedingungen an die Umsetzung geknüpft, so wird kein Ein-Euro-Jobber unter einem halben Jahr eingestellt und es gehört eine minimale Qualifikation mit dazu, die als »fachliche Einweisung« bezeichnet wird, andererseits können in Zeiten leerer Kassen helfende Hände dringend gebraucht werden. Dies bestätigt auch Waltraud Karbe: »Die können Entlastung bringen«. Zwar wird offiziell gesagt, Ein-Euro-Jobs ersetzten keine regulären Arbeitsplätze. Doch wer will das kontrollieren? Und: In gewisser Weise ersetzen sie bereits heute sehr wohl reguläre Stellen. Nämlich die, die im vergangenen Jahrzehnt im Sozial- und Gesundheitsbereich durch immer weitere Kürzungen bereits abgebaut wurden.

An der Diskussion, wie mit dem Ist-Zustand umgehen, scheiden sich auf dem Podium erneut die Geister. Während Roland Engels, DGB-Vorsitzender der Region Ostwestfalen, meint, die Verhältnisse ließen sich nun mal nicht mehr zurückdrehen, forderten Gießelmann und Kreutz die »Großen«, also die Wohlfahrtsverbände und kirchlichen Einrichtungsträger, auf, laut und deutlich ›Nein‹ zu Ein-Euro-Jobs zu sagen. Rund 1300 Euro koste eine Ein-Euro-Stelle den Staat, ein Betrag, der für eine reguläre Teilzeitbeschäftigung lange. Ergänzend dazu könne auch ehrenamtliche Tätigkeit entlohnt werden (WebWecker berichtete).