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NPD sucht die Straße und das Parlament (18.05.2005)





Abfahrt nach Oerlinghausen: Bielefelder Neonazis versammeln sich am 4. Mai in Brackwede. Foto: Thomas Sommer


Am 4. Mai fand im Hotel Mügge in Oerlinghausen eine Wahlkampfveranstaltung der NPD statt. Denn auch in Ostwestfalen-Lippe treten die »Nationalen Sozialisten«, wie ihr Pressesprecher die Partei nennt, im Großteil der Wahlkreise zur Landtagswahl an. Wie ihre Chancen dabei stehen, versuchte eine Veranstaltung in der Universität am vergangenen Donnerstag auszuloten.


Von Mario A. Sarcletti

»Die NPD auf dem Weg in den nordrhein-westfälischen Landtag?« Dieser Frage ging ein Vortrag, veranstaltet von den Studierendenvertretungen von Universität und Fachhochschule sowie der Antifa-West, am vergangenen Donnerstag auf den Grund. Gleich zu Beginn gab der Referent, Jürgen Peters vom »Antirassistischen Bildungsforum Rheinland«, Teilentwarnung: »Zum Glück ist das eher eine rhetorische Frage«, vermutet Peters, ließ aber sogleich die Warnung folgen: »Dennoch hat sich bei der NPD was getan«. Die Partei, in den 70er und 80er Jahren laut Peters ein Altherrenverein, verfolge eine neue Strategie, »die wie Sachsen zeigt, auch durchaus Erfolg hat«.

Um zu zeigen, was an der aktuellen Strategie neu ist, zeichnete Peters die Entwicklung der ältesten Partei der extremen Rechten in der Bundesrepublik nach. Nach ihrer Gründung 1964 verzeichnete die NPD bei Landtagswahlen anfangs große Erfolge, konnte bis zu 9,8 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen und zog in sieben Landtage ein. Der Abstieg begann 1969, als die Partei mit 4,3 Prozent den Einzug in den Bundestag verpasste, obwohl Umfragen vor der Wahl noch das Doppelte prognostiziert hatten.

Nach Streitigkeiten und einer Zersplitterung der rechtsextremen Szene - unter anderem standen militante, terroristische Neonazis standen der aufkommenden, sich bürgerlich gebenden »Neuen Rechten« gegenüber – drohte der Partei die Auflösung, sie war fast pleite. Die Rettung war ein Zusammengehen mit der Deutschen Volksunion. 1987 schaffte die »DVU-Liste D« den Einzug in die Bremer Bürgerschaft, zwei Jahre später erreichte sie bei den Kommunalwahlen in Frankfurt 6,6 Prozent der Stimmen.

1991 wurde Günther Deckert zum Parteivorsitzenden gewählt, der 1995 wegen Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Seine Wahl führte zu einem Radikalisierungskurs der Partei. Gleichzeitig diskutierte die Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten über eine neue Strategie, weg von parteiähnlichen Strukturen, hin zu losen Strukturen von Militanten.

Der nächste Bruch in der Entwicklung der Partei fand dann 1996 statt, Udo Voigt wurde zum Bundesvorsitzenden gewählt. Drei Elemente kennzeichnen für Jürgen Peters diesen Bruch. »Er hat die NPD gegenüber militanten Neonazis geöffnet«, beschrieb er eine der Entwicklungen. Anfang der 90er Jahre hatten die Militanten durch das der Serie von Brandanschlägen folgende Verbot von Organisationen wie Freiheitlicher Arbeiterpartei (FAP) oder Nationalistischer Front, die ihre Zentrale in der Bielefelder Bleichstraße und später in Pivitsheide bei Detmold hatte, ihre Strukturen verloren.

Unter Voigt begann die NPD des Weiteren ihr »Drei-Säulen-Konzept« umzusetzen. »Die drei Säulen hießen Kampf um die Parlamente, Kampf um die Straße, Kampf um die Köpfe«, erläutert Jürgen Peters das Konzept. Der Kampf um die Straße führte seit 1997 zu immer mehr Aufmärschen, »sodass sie es schafften die Neonazis hinter sich zu sammeln«, so Peters. Außerdem dehnte die Partei ihre Aktivitäten in den vorpolitischen Raum aus, Konzerte oder auch Fußballspiele sollen vor allem Jüngeren den »Spaß an nationalen Events« vermitteln.