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Helene Homilius wird 95 (01.06.2005)





Ein Bild aus den 1980ern: Helene Homilius auf einem Balkon


In den 1950er Jahren prägten die Arbeiten von Helene Homilius den öffentlichen Stadtraum in Bielefeld. In der Presse weckte der 1950 aufgestellte Brunnen von Helene Homilius mit der Skulptur eines sitzenden Mädchens im Zentrum einer 700 Qadratmeter großen Grünanlage am Kesselbrink nostalgische Erinnerungen an eine arkadische Landschaft und an die alten Heilwasserquellen.

Zahlreiche Reliefs der Künstlerin schmückten öffentliche Bauten in Bielefeld und Umgebung. Ihre Weihnachtskrippe, die die Ehemaligen des Bavink-Gymnasiums dem heutigen Gymnasium am Waldhof stifteten, ist in der Weihnachtszeit bis heute dort zu sehen. Helene Homilius ist auch die einzige Künstlerin aus der Region, von der die Bielefelder Kunsthalle eine Arbeit besitzt. Das 1949 entstandene Tonrelief musizierende Kinder wurde von Heinrich Becker für das Bielefelder Kunsthaus erworben.

Geboren wurde Anna Helene Jürgensmann am 1. Juni 1910 in Hörste/Halle inWestfalen auf einem Bauernhof. Dass sie Künstlerin werden würde, war alles andere als selbstverständlich, obwohl sie von Kind an zeichnete und Figuren formte. Vorgezeichnet schien der Lebensweg einer Landfrau, doch sie arbeitete in jeder freien Minute künstlerisch und bildete sich durch Kurse an der Volkshochschule bei dem Bildhauer Altenbernd weiter.

Nach ihrer Heirat mit dem Worpsweder Graphiker und Maler Werner Homilius gelang ihr 1942 die Aufnahme an der »Meisterschule des deutschen Handwerks« in die Meisterklasse von Arnold Rickert. Der war Professor an der Bielefelder Kunstgewerbsschule, zugleich aber auch ab 1933 von den Nationalsozialisten zum Leiter der Kunsthalle ernannt, bevor auch er 1934 ausgetauscht wurde.

In den Jahren 1948 bis 1957 entwickelte sich Helene Homilius zu einer der profiliertesteten Künstlerinnen der Region. Sie gehörte zu den ersten Mitgliedern im neu gegründeten Wirtschaftsverband Bildender Künstler, dem heutigen Berufsverband Bildender Künstler (BBK) in OWL.


Die Wohnung als Gesamtinstallation

1957 musste sie aus finanziellen Gründen ihr Atelier für größere plastische Arbeiten aufgeben. Damit begann ein neuer, bisher wenig bekannter Abschnitt in ihrem Schaffen: Ihre Wohnung wurde zu einer in ständiger Veränderung begriffenen Gesamtinstallation. Parallel dazu arbeitete sie an konzeptuellen Schriftbildern und Papierobjekten, die sie bis in die 1990er Jahre bei den Jahresausstellungen des BBK in der Bielefelder Kunsthalle präsentierte. Helene Homilius lebt seit 2000 im Perthes-Haus in Bielefeld.

Das Frauenkunstforum OWL (fkf) plant anlässlich ihres 95ten Geburtstags eine Hommage, die im Dezember zu sehen sein wird. Denn trotz ihres großen Schaffens hat Homilius keinen sichtbaren Ort in der regionalen Kunstgeschichtsschreibung oder in einem Museum. »Diese Ortlosigkeit erscheint symptomatisch für viele Künstlerinnen, die in der Kunstgeschichte häufig – auch wenn sie zu Lebzeiten bekannt waren – spätestens mit ihrem Tod wieder aus dem Blickfeld verschwinden«, erklärt das fkf.

Im Rahmen des Projekts »Licht Einfall Lokal« des fkf haben sich mit Irene Below, Christel Heermann, Uta Thoerner, Melanie Blank und Susanne Albrecht deshalb fünf Wissenschaftlerinnen und Künstlerinnen zu einer Arbeitsgruppe zusammengeschlossen. Ziel der Hommage ist, die Leistung von Helene Homilius an Hand charakteristischer Arbeiten aus den unterschiedlichen Schaffensphasen vorzustellen und für eine angemessene Positionierung in der regionalen Kunstgeschichtsschreibung zu plädieren.