Webwecker Bielefeld: kulturalismus01

Fest des Kulturalismus (01.06.2005)




Anmutig: So sieht Kultur in Indonesien aus


Am Dienstag veranstaltete der Allgemeine Studierendenausschuss AStA und seine Kultur AG das fünfte »Fest der Kulturen« in der Universität. Wie in den vergangenen Jahren präsentierten sich nicht Kulturen, an verschiedenen Ständen und auf einer Bühne wurde die folkloristische Seite unterschiedlicher Nationen dargestellt. Schön war’s, lecker Essen gab’s, nur Mario A. Sarcletti muss wieder rumnörgeln.


Ich hatte nach dem Fest der Kulturen im vergangenen Jahr angedroht als Österreicher die Unihalle zu bejodeln (WebWecker vom 09.06.2004), falls dieses Fest noch einmal zu einem Jahrmarkt der Klischees verkommen sollte. Seit ich in diesem Jahr die Plakate mit dem Festprogramm sah, befürchtete ich, dass ich tatsächlich die Krachlederne aus der untersten Klamottenkiste holen muss. Denn das Programm verkündete wieder, dass Kurden einen »Kurden Tanz« aufführen würden, die arabische Kultur durch eine Bauchtanzaufführung und Indonesien durch anmutige Tempeltänze repräsentiert werden. Für die Türkei wurde eine »Türkische Volksgruppe« angekündigt. Auch als diese in der nächsten Auflage des Plakats immerhin nicht mehr Volksgruppe sondern »Türkische Folkloregruppe« hieß, setzte ich meine Jodelübungen fort.

Erst als ich hörte, dass es auch immerhin eine Veranstaltung gab, die sich mit dem Kopf mit Globalisierung und multikultureller Gesellschaft auseinandersetzen wollte, beschloss ich, die Lederhose zu Hause zu lassen. Immerhin war mit Uwe Möller der Generalsekretär der Deutschen Sektion des Club of Rome angekündigt. In einem Vortrag sollte er den »Global Marshall Plan« vorstellen. Der soll helfen die »Milleniumsentwicklungsziele« der Vereinten Nationen umzusetzen, zu denen die Beseitigung von Hunger und Armut und das Entstehen einer globalen Partnerschaft für Entwicklung gehören. Folgen sollte eine Podiumsdiskussion mit dem Titel »Wie frei sind wir – nationale Kultur oder multikulturelle Gesellschaft?«. Zu der Frage, die gut zu den bisherigen Festen der Kultur passt, sollte auch Levant Tezcan vom Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung sprechen. Also: Pack die Lederhose aus.

Nur leider fiel just diese Veranstaltung aus. Denn offensichtlich war ich der einzige, der von der Veranstaltung gehört hatte. Zu lesen war davon erst am Veranstaltungstag durch Flugblätter in der Mensa, im offiziellen Veranstaltungsprogramm tauchte sie nicht auf. So war es nicht weiter erstaunlich, dass sich um 12 Uhr kein einziger Zuhörer in das Audi Max verirrte.

Also schlenderte ich durch die Unihalle und sah mir an, wie so Kulturen in der Uni aussehen. Bezeichnend für das Fest war der Stand, der für die »Türkische Kultur« warb. Neben Plakaten der Tourismuswerbung und Gebäck, gehört zu der offensichtlich die Nationalflagge. Dass die Kurden bei diesem Fest, das für ein »Miteinander der Kulturen« werben sollte, nicht neben den Türken, sondern gegenüber standen, passt da ins Bild. Auch die Kultur der Kurden, die laut Flugblatt »zu den wenigen Völkern gehören, die ihre ethnische Identität seit der Antike bis heute beibehalten haben« - pardon, aber das klingt nicht sehr fortschrittlich - wurde auf der Bühne natürlich durch eine »Folklore- und Gesangsaufführung« repräsentiert.

Es kam beim Fest der Kulturen aber auch zu einem Austausch. Nämlich dem von Geld gegen folkloristische Ware oder Nahrung, fast wie im Urlaub. Apropos Essen: Die Macher und Teilnehmer des Festes scheinen der Meinung zu sein, dass auch hier Liebe durch den Magen geht. An den meisten Ständen wurde vor allem landestypische Kost angeboten. Völkerverständigung, die schmeckt und auch der Skinhead isst sein Gyros.