Webwecker Bielefeld: schelvis2005

Odysee durch die Lager (29.06.2005)






Jules Schelvis, einer der wenigen Überlebenden des Vernichtungslager Sobibors, war am vergangenen Donnerstag auf Einladung der ›Initiative gegen Ausgrenzung« zu Gast im Theaterlabor. Es war bereits sein zweiter Besuch, diesmal legte er den Schwerpunkt seines Vortrags nicht auf das Vernichtungslager Sobibor, das er überlebte, sondern auf die weiteren Lager, die er im Anschluss an Sobibor noch erleben musste.

Die Nationalsozialisten verschleppten ihn in insgesamt acht Lager, darunter zum Schluss auch das ›Erholungslager Vaihingen‹ bei Stuttgart. In einem Steinbruch musste er dort Schwerstarbeit für die Deutschen verrichten: Völlig entkräftet, schleppte Schelvis dort 50 Kilogramm-Zementsäcke. Er infizierte sich mit Typhus, war todkrank. Die heranrückende französische Armee befreite ihn im April 1945. Zwei Monate verbrachte er in einem Hospital, um überhaupt wieder zu Kräften zu kommen. Dort begann er auch, seine Odysee durch die Lager aufzuschreiben

Die Initiative gegen Ausgrenzung bittet indes weiter um Spenden für eine Allee der Opfer von Sobibor. Dort wurden 250.000 Menschen, fast ausschließlich JüdInnen aus Europa, zwischen Juni 1942 und Oktober 1943 in den Gaskammern ermordet. Heute erinnert eine kleine Gedenkstätte auf dem ehemaligen Lagergelände daran. Im Oktober 2003, aus Anlaß des 60. Jahrestages des Häftlingsaufstands, der zur Schließung des Lagers führte, wurde damit begonnen, Bäume zu pflanzen und Gedenksteine für die Opfer zu setzen. Dies ist eine gemeinschaftliche Initiative des Bildungswerks ›Stanislaw Hantz‹ aus Kassel, der niederländischen ›Stichting Sobibor‹, der Gedenkstätte in Sobibor und der Bielefelder ›Initiative gegen Ausgrenzung‹ (IGA).

»Angesichts der mörderischen nazistischen Vergangenheit Deutschlands fühlen wir uns verpflichtet, dieser verantwortungsvollen Aufgabe so gut wie möglich gerecht zu werden«, erklärt die IGA. Auch für Opfer aus Ostwestfalen wurden bereits erste Steine gesetzt, so für Frida Hecht, Inge Dreyer und Hans Dreyer. Dies soll aber erst der Anfang sein, nach Kenntnis der IGA wurden in Sobibor mindestens zehn Menschen aus Bielefeld ermordet.


Spenden zur Finanzierung der Gedenksteine in Sobibor und zur Errichtung eines Archivraums in Sobibor: Internationales Begegnungszentrum, Konto: 73005613, Blz: 48050161, Stichwort: Sobibor

Das Bildungswerk Stanislaw Hantz bietet vom 10. bis 16. September eine Bildungsreise zu den ehemaligen Vernichtungslagern der ‹Aktion Reinhardt‹, zu denen auch Sobibor gehört, an. Nähere Informationen unter: www.bildungswerk-ks.de

Eine Rezension des aktuellen Buches von Schelvis »Eine Reise durch die Finsternis« finden sie in den WebWecker Buch-Tipps.