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»Rambo-Politik« (07.06.2005)



Das Krankenhaus Rheda-Wiedenbrück ist am 1. Juli geschlossen worden. Die Schließung kam so überraschend, dass die 50 Patienten verlegt werden mussten. Das evangelisch geführte Krankenhaus musste Insolvenz anmelden, weil die Krankenkassen ab 1. Juli nicht mehr zahlen.



Bereits seit 1996 geht der Kampf um das 150 Jahre alte Elisabeth-Krankenhaus. Die Kassen weigern sich nun, eine weitere Frist zur Zusammenlegung mit den städtischen Kliniken in Gütersloh einzuräumen. Am Dienstag protestieren rund 200 Bürger in Rheda gegen die Schließung. Für sie ist das Krankenhaus Bestandteil des Ortes und garantiert eine wohnortnahe Versorgung.

Dabei hatten sich die Stadt Gütersloh und die evangelische Kirche nach langen Verhandlungen auf ein Modell geeinigt, dass das Krankenhaus in Rheda in die städtischen Kliniken integriert. Rund ein Drittel der 120 Betten und der Arbeitsplätze in Rheda wären so erhalten geblieben. Gestrichen worden wäre unter anderem die Geburtshilfe und die Frauenheilkunde. Sechs der zehn Hebammen wären aber in das Geburtshilfeteam der städtischen Klinik integriert worden.

Die AOK als federführende Krankenkasse erkennt die Vereinbarung zwischen Stadt und Kirche aber offenbar nicht an, sie zahle erst, wenn die Fusion rechtskräftig sei. Mit dieser Aussage brach sie am 30. Juni die Gespräche ab. Unklar ist die Situation auch in Düsseldorf. Dort müsste die Fusion genehmigt werden. Seit heute wird jedoch wieder verhandelt: In Dortmund trafen sich AOK-Vertreter mit Vertretern des Fusionspartners ›Städtisches Krankenhaus‹ Gütersloh. Man will versuchen, das Krankenhaus in Rheda in abgespeckter Form doch noch zu retten.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di drängt die Beteiligen zu einer »schnellen Problemlösung«. Die Krankenkassen müssten die Behandlungskosten ab sofort wieder übernehmen und die ortsnahe Patientenversorgung sicherstellen. »Wenn die Kooperation zwischen Rheda-Wiedenbrück und Gütersloh nicht zustande kommt besteht sonst die Gefahr, dass auch das Städtische Klinikum Gütersloh erheblich unter Druck kommt«, sagt der ver.di Gesundheitsexperte Bernd Tenbensel. Die Folge sei eine weitere Gefährdung der Patientenversorgung und der Arbeitsplätze in der Region.

Scharfe Kritik übte Tenbensel an der Vorgehensweise der Krankenkassen. »Das ist Rambo-Politik, um die Standorte zu bereinigen«. Seit Wochen sei die Einigung zwischen Krankenhausträgern und der Landesregierung zur Fusion des Städtischen Klinikums Gütersloh mit dem Evangelischen Krankenhaus in Rheda-Wiedenbrück bekannt. Es könne nicht in das Belieben von Krankenkassenvorständen gestellt werden, den politischen Willen von Landesregierung und Krankenhausträgern zu torpedieren, um die eigenen Kosten zu senken. Neben der ortsnahen Patientenversorgung gehe es auch um den Erhalt von Arbeitsplätzen in einer ohnehin gebeutelten Region.

Ein Krankenhaus wegen einem eventuell fehlenden Bewilligungsbescheid in die Insolvenz zu treiben, könne man nur unter dem Strichwort »bürokratische Verantwortungslosigkeit subsumieren«, empörte sich Tenbensel. Unklar ist auch, von wem die Beschäftigten des Krankenhauses ihre Juni-Gehälter erhalten. Die sind bislang nämlich noch nicht ausgezahlt.