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Ende des Arbeitszwangs (Teil 2)



Die Idee des Grundeinkommens

II. Was ist die Idee des Grundeinkommens? Dazu gibt es eine große Anzahl von Konzeptionen. Sie unterscheiden sich hier und da und doch gibt es einen gemeinsamen Kern: Jeder Staatsbürger bekommt vom Staat einen monatlichen Betrag zur Verfügung gestellt, mit dem er seine Existenz langfristig sichern kann. Das »Neue« daran im Unterschied zum erwerbsförmigen Einkommen ist, dass dieser Betrag jedem zusteht – ob er arbeitet oder nicht. Das Grundeinkommen ist nicht gekoppelt an eine Gegenleistung, die zu erbringen wäre. Es wird gezahlt – einfach nur aufgrund der Tatsache, dass ein Mensch hier lebt und Teil der Gesellschaft ist.

Dieser Betrag sollte so hoch sein, dass er jedem ein existenzsicherndes Leben ermöglicht. Nun muss auch die Grundeinkommensidee finanzierbar sein, also auch den Kriterien eines »gesellschaftlichen Leitbildes« genügen. Ihr werteorientiertes Menschenbild sieht den Menschen so: Ob er zu essen und ein Dach über dem Kopf hat, bedarf keiner Gegenleistung, etwa durch Arbeit. Ein Mensch hat alleine durch seine bloße Existenz den Anspruch darauf, die nötigen Mittel zu seinem Lebensunterhalt zu erhalten. Er muss seine Würde nicht verdienen, sie ist voraussetzungslos. Nun sagt uns Ähnliches auch das Grundgesetz. Die herrschende Wirtschafts- und Sozialordnung durchlöchert jedoch durch den Zwang zur Erwerbsarbeit dieses hehre Ziel wie einen Schweizer Käse um den Preis der Verdunkelung der Würde des Menschen.

Das Organisationsprinzip einer Grundeinkommen-Gesellschaft lautet: Jeder Bürger mit einem monatlichen Grundeinkommen könnte jetzt, da sein Leben abgesichert ist, selbstbestimmt und frei von allen Zwängen entscheiden, was er mit seiner Lebenszeit anfängt: ob er auf der faulen Haut liegen, ob er ehrenamtliche Tätigkeiten im sozialen oder politischen Bereich ausüben oder ob er sich weiterbilden möchte. Oder aber er könnte sich dafür entscheiden, sein monatliches Einkommen durch einen bezahlten Job zu erhöhen, auch das wäre möglich, zum Beispiel in einem interessanten Beruf für, sagen wir, fünf oder zehn Stunden die Woche – aber eben freiwillig, weil ER es so möchte, und nicht aus Zwang, weil er darauf angewiesen ist.

Eine Gesellschaft, die derart auf Kreativität und Selbstentfaltung von Menschen setzte, würde aufblühen. Der Bedarf an gesellschaftlich notwendiger Arbeit im sozialen oder ökologischen Bereich ist riesengroß, genau so wie der Bedarf sie auszufüllen, sofern die Grundexistenzbedürfnisse des Lebens gesichert sind. Die Finanzierungsvorschläge sind unterschiedlich: Sie reichen vom radikalen Umbau des Steuersystems bis hin zur Einführung einer Konsumsteuer. Eines ist jedoch klar: Deutschland war noch nie so reich wie heute; es wird deshalb auf eine nachhaltige Umschichtung ankommen.


Selbstbestimmte Lebenszeit

III. Es lohnt sich, Ideen für eine Gesellschaft zu entwickeln, in der die Menschen ihre Lebenszeit nach ihren Bedürfnissen gestalten und nicht dem Diktat eines Erwerbserfordernisses folgen. Die Zeit ist reif, darüber zu diskutieren, wie ein Konzept des Grundeinkommens praktisch funktionieren könnte. Ein Patentrezept gibt es nicht. Aber im gegenwärtigen politischen Klima des Drucks brauchen wir einen grundlegenden Umbau unseres Sozialstaates, der die produktiven Möglichkeiten für alle ausschöpft. Es sollte ernst gemacht werden mit der »größtmöglichen Selbstverfügung des Menschen über sich selbst«. Mit der Krise der Erwerbsarbeit bietet sich eine Chance für mehr selbstbestimmte Lebenszeit.