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Längerer Atem gefragt (Teil 2)



Und was passiert, wenn nur CDU und SPD zusammen eine Mehrheit haben?

Die große Koalition ist keine favorisierte Lösung. Wir schließen allerdings eine Kombination mit der Linkspartei.PDS aus.


Ein zentraler Kritikpunkt an Rot-Grün, der auch bei dieser Wahl eine Rolle spielt, ist Hartz IV. Die CDU/CSU hat angekündigt, nach einem Wahlsieg einige Instrumente zu streichen beziehungsweise zurückzunehmen: Dazu zählen die Ich Ags, die Ein-Euro-Jobs und die Personal-Service-Agenturen.

Ich halte es für uneingeschränkt sinnvoll, weiter mit den Ich-Ags zu arbeiten. Da gibt es einen richtigen Boom. Es wäre völlig falsch, dies aufzugeben, nur weil es Druck von einigen Handwerksfunktionären gibt, die Wettbewerb fürchten. Bei den Personal-Service-Agenturen bin ich skeptischer. Deren Funktionieren hängt auch von einer guten Konjunktur ab. Da würde ich die Entwicklung der kommenden zwei Jahre abwarten. Die Ein-Euro-Jobs haben sich aus meiner Sicht bewährt. Sie machen allerdings nur so lange Sinn, wie die Integration vieler auf dem ersten Arbeitsmarkt noch nicht möglich ist. Ein-Euro-Jobs sind die Chance für einige, näher an den ersten Arbeitsmarkt heranzukommen – und sich zum Arbeitslosengeld II etwas hinzuzuverdienen.


Die Handwerkskammern haben nicht nur die Ich-Ags kritisiert, sondern auch die Ein-Euro-Jobs. Man hört immer wieder von Beispielen, wo Kommunen Ein-Euro-Jober in Bereichen einsetzen, die nicht unbedingt gemeinnützig und zusätzlich sind. Hätte man das gesetzlich schärfer reglementieren müssen?

Ich glaube nicht. Da ist schon Klarheit. Entscheidend ist, dass vor Ort in den Überprüfungsgremien, die unter Beteiligung des Handwerks gebildet wurden, genau hingeguckt wird. Es kann in der Tat nicht sein, dass beispielsweise bei der Gebäudereinigung die Städte auf Ein-Euro-Jobs zurückgreifen statt auf normale Arbeitnehmer. Es dürfen keine Arbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt vernichtet werden.


Aber so entstehen auch keine Jobs auf dem ersten Arbeitsmarkt.

Es ist ein Näherheranführen an den ersten Arbeitsmarkt. Es ist immer noch besser in solchen Tätigkeiten und damit in geregelten Abläufen zu sein als überhaupt nichts zu tun. Niemand behauptet, dass die Ein-Euro-Jobs die Rettung der Zukunft sind.


Ein Ein-Euro-Job kostet ungefähr 1.300 Euro. Warum wird dieser Betrag eigentlich nicht für ein reguläres Teilzeit-Beschäftigungsverhältnis umgewandelt?

Diese Zahl von 1.300 Euro wurde von interessierter Trägerseite vorgerechnet, sie ist deutlich übertrieben. Dennoch ist im Kern etwas dran. Maßnahmen wie ›Arbeit statt Sozialhilfe‹ müssen nicht viel teurer sein als Ein-Euro-Jobs, wenn man berücksichtigt, dass dann Wohngeld und Arbeitslosengeld-II Zahlungen entfallen. Gesamtvolkswirtschaftlich ist das eine nachvollziehbare Rechnung, die ich sehr ernst nehme. Da müssten allerdings unterschiedliche staatliche Ebenen und Haushaltstitel in der Bezahlung dieser Dinge miteinander kompatibel gemacht werden. Das ist schwieriger als bei Ein-Euro-Jobs. Das ist aber kein Grund zu sagen, wir machen das nicht.


Der evangelische Sozialpfarrer in Bielefeld, Eberhard Hahn, glaubt nicht, dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland in absehbarer Zeit sinken wird. Er plädiert für einen zweiten Arbeitsmarkt.

Ich lehne einen zweiten Arbeitsmarkt nicht grundsätzlich ab. Ich bin allerdings nicht so pessimistisch wie Eberhard Hahn. Andere Länder – ob Skandinavien oder Großbritannien – zeigen, dass es durchaus funktioniert. Wir müssen allerdings einen etwas längeren Atem haben, bis sich unsere Reformen umsetzen. Ich schließe auch dort Instrumente des zweiten Arbeitsmarktes nicht von vornhinein aus. Das muss nicht eine klassische Arbeitsbeschaffungsmaßnahme sein, die es früher gegeben hat. Dies kann auch ›Arbeit statt Sozialhilfe‹ sein. Ich glaube, dass das Konzept der CDU, in Zeiten des Mangels die Arbeitsmarktinstrumente noch zurückzufahren, völlig verkehrt ist.