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Gesundheit als Ware (Teil 2)



Bei den städtischen Kliniken ist wie in den anderen Häusern auch zunächst der Service-Bereich betroffen. Bis zu 30 Prozent weniger bekommen Reinigungs- und Hauswirtschaftskräfte seit gut drei Jahren, bei einer vollen Stelle bleibt ein Brutto-Lohn von nur noch gut 1.000 Euro. Organisiert wird das ganze, in dem Tochterunternehmen gegründet werden: Outsourcing heißt das Zauberwort. Damit fallen die Beschäftigten in dem Tochterunternehmen nicht mehr unter den Bundesangestellentarif beziehungsweise den seit 1. Oktober geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TvöD). Die Servicekräfte in den städtischen Kliniken werden nach Tarifen bezahlt, die für den Hotel- und Gaststättenbereich gelten. Und die sind deutlich niedriger.

So klagte Kramer am vergangenen Donnerstag auch darüber, dass die städtischen Kliniken bei der Altersversorgung benachteiligt seien. Sie müssen als Mitglied im kommunalen Arbeitgeberverband in die ›Versorgungskasse Bund Länder‹ einzahlen. Dies sei teuer: »Die gleichen Leistungen für die Mitarbeiter bekommt man auf dem Kapitalmarkt erheblich günstiger«. Der Arbeitgeberanteil beträgt über acht Prozent, vergleichbare Leistungen gebe es am Kapitalmarkt für vier Prozent. Die Versorgungskasse wandelt immer am Rande des Ruins, dies müssen die Eintragszahler ausbaden.

Auch sei das Haus an den BAT gebunden, seit 1. Oktober an den TvöD. Dies gelte für andere Häuser nicht. »Die Höhe der Personalkosten ist aber vielleicht gar nicht so entscheidend«, ergänzte Kramer. Wichtiger sei die Leistungsorientierung. »Ein Mitarbeiter verhält sich anders, wenn er weiß, dass er gekündigt werden kann«. Will heißen: Er arbeitet mehr und besser mit der Kündigung im Nacken. Der TvöD bietet da einen relativen Schutz, andere Tarife nicht.


Einheitlicher Tarif verhindert Druck auf die Löhne

Das Nebeneinander unterschiedlicher Tarife aber führt dazu, dass sich die Spirale für die Beschäftigten nach unten dreht. Mit dem Konkurrenz-Argument werden in vielen Einrichtungen Arbeitsbedingungen verschlechtert. Längere Arbeitszeiten, weniger Geld lautet die Formel. Dies müsse man machen, um mit den anderen mithalten zu können, lautet dann das Argument der Geschäftsführung.

In Bielefeld kamen nun Betriebsräte und Mitarbeitervertreter verschiedenster Gesundheitseinrichtungen zusammen. Sie wollen nun den TvöD möglichst breit in Bielefelder Einrichtungen durchsetzen, um genau dieses Konkurrenzargument auszuhebeln. Bisher ist in Bielefeld keiner der großen nicht-kommunalen Arbeitgeber in diesem Bereich bereit, den neuen TvöD zu übernehmen. Die von Bodelschwingschen Anstalten warten offenbar ab. »Wenn keiner der Großen unterschreibt, werden die anderen auch nicht unterschreiben«, sagt Horst Franke, Gewerkschaftssekretär im ver.di Bezirk Bielefeld-Paderborn.

Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, die die neue Runde organisiert hat, will den TvöD als »Leitwährung«. Das Aktionsbündnis, in dem Betriebsräte und Mitarbeitervertreter von Wohlfahrtsverbänden und kirchlich-diakonischen Einrichtungen zusammenarbeiten, also beispielsweise der Bodelschwingschen Anstalten, des Johanneswerks, des Deutschen Roten Kreuzes, der Arbeiterwohlfahrt und der Lebenshilfe, überlegt nun, welche Aktivitäten nötig sind, um einen Tarif zu erreichen, der dem TvöD entspricht.