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Parallele Welten durch Medien? (23.11.2005)
Thomas Baumeister: Man sollte die Differenzen nicht wegreden, sie aber vielleicht an anderen Begriffen festmachen
Von Manfred Horn
»Kulturkampf, Integration oder parallele Welten durch Medien?« Dies war die Frage, der sich die Diskutanten auf dem Podium der diesjährigen GMK-Forums stellen. Die GMK Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur mit Sitz in Bielefeld veranstaltet einmal jährlich ein großes Forum, welches am vergangenen Wochenende unter der großen Überschrift »Migration, Globalisierung und Medien« stand.
So gingen die Ereignisse der vergangenen Wochen in Frankreich, wo jugendliche Einwanderer aus den Vorstädten zu Gewalt griffen, nicht spurlos an dem GMK-Forum vorüber. Krawalle in Frankreich was hat das mit uns zu tun? Die Soziologin Saskia Sassen analysierte kürzlich die Krawalle in Frankreich. Gewalt sei der Versuch, sich Gehör zu verschaffen. Die politischen Möglichkeiten der Armen seien sehr begrenzt, sich Gehör zu verschaffen. Für Sassen geht es nicht um eine »Immigrantenproblematik«, die Jugendlichen suchten nach dem ihnen Möglichen in einer gegebenen Situation, sie probe den Aufstand, weil sie um ihre Rechte als französische Bürger wissen und bestimmte Erwartungen haben.
Eine Einschätzung, die am Sonntag Vormittag auf dem Podium ein Teil der Diskutanten im Murnau-Saal der Ravensberger Spinnerei in ähnlicher Weise artikulierten. Ein wirklicher Vergleich der Situation zwischen Deutschland und Frankreich kam allerdings nicht zu Stande. Auch wurde eigentlich nicht diskutiert, wie sich Bilder der Unruhen samt darin versteckter Menschenbilder durch die Medien transportieren. Das Podium blieb an Grundsätzlicherem hängen. Beispielsweise an der Frage, welche Begriffe überhaupt noch passen: Der der Migranten und der Migration oder besser der der Koexistenz. Christian Büttner von der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung plädierte dabei für die Koexistenz, also dem Akzeptieren eines Nebeneinanders verschiedener Lebenskulturen. »Wenn wir diese Differenz nicht aushalten, riecht es nach Gewalt«, lenkt er den Blick nach vorne.
Alle sechs Podiumsteilnehmer, bis auf den Filmemacher Hussi Kutlacan alle deutschlandstämmig, waren sich darin einig, dass es Differenzen gibt. »Die Andersartigkeit ist spannend, sie ist die Voraussetzung für Kreativität«, sagte Andreas von Hoeren, Leiter des Medienprojekts Wuppertal. Gerade das Bedürfnis junger Migranten, sich darzustellen, sei riesig. Gleichzeitig warnte von Hoeren davor, die Lust auf Darstellung durch schleichende Pädagogisierung auszubremsen will bedeuten, den Migranten nebenbei noch Sprache und Staatsbewusstsein zu vermitteln.
Gegen Sonderprogramme
Die Soziologin Dagmar Hoffmann von der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam hingegen plädierte für ein Ende der Etikettisierungen: »Wir müssen uns davon verabschieden, dass es Sonderprogramme gibt«. Dem widersprach von Hoeren direkt: »Genau deswegen existieren Medienprojekte wie das unsere. Dafür gibt unter anderem die Europäische Union viel Geld aus«. Diskriminierte hätten einen hohen Druck, sich zu artikulieren.
Dies ist genau der Punkt, an dem viele solcher Diskussionen in eine endlose Schleife eintauchen könnten: Wird durch die ungleiche Behandlung Diskriminierung auf der einen und besondere Förderung auf der anderen Seite das Postulat der Gleichheit nicht untergraben? Fördern besondere Angebote nicht gar das Bewusstsein von Ungleichheit? Oder aber tragen sie dazu bei, Ungleichheit abzubauen, weil sich die Betroffenen artikulieren können?
Parallele Welten durch Medien? (Teil 2)
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