Webwecker Bielefeld: parallelwelt02

Parallele Welten durch Medien? (Teil 2)





Andreas von Horen: Das Andersartige ist die Voraussetzung für Kreativität


Denn genaugenommen gibt es die zwei Blöcke, »Einheimische« »Deutsche« auf der einen Seite und »Migranten« auf der anderen Seite nicht. Zu unterschiedlich sind die Lebenspraxen auf beiden Seiten, als dass sie über einen Kamm geschert werden könnten. »Parallelgesellschaften sind Bilder, die folgenreich sein können«, meint Hoffmann. »Wenn wir nach Hause gehen und die Tür hinter uns zu machen, eröffnen wir auch eine Parallelgesellschaft«.

»Was lebst Du?«, hieße die Frage. Doch stattdessen arbeiten sich alle Seiten an Bildern ab, die Stereotypen entsprechen oder denen zumindest gefährlich nahe kommen. Spannend ist so ein Film wie »Gegen die Wand« von Fatih Akin. Er zeigt die Brüche, die Möglichkeiten, die Differenzen in einer vermeintlich homogenen türkeistämmigen Migrantengesellschaft. Der Filmproduzent Ralph Schwingel, der als Mitinhaber der ›Wüste-Filmproduktion‹ den Film »Gegen die Wand« produzierte und der ebenfalls auf dem GMK-Podium saß, hat beobachtet, dass der Film bei türkeistämmigen Migranten nicht gut ankam – die meisten haben ihn überhaupt nicht gesehen. »Gegen die Wand« diente also weniger einer Auseinandersetzung innerhalb der »Community«, sondern eher als Anschauungsmaterial für »deutsche« Kinobesucher.


Schlüsselwort Mobilität

Eine Lösung wäre, Migration als Normalität zu begreifen. Damit würde der Assimilationsdruck sinken – Heterogenität wäre ein akzeptierter Zustand von Gesellschaften im ständigen Wandel. Das Schlüsselwort dazu lautet Mobilität. Denn längst sind viele Menschen mobil, auch in Deutschland verordnet der Staat geradezu Mobilität. Wird dies angenommen, dann ist ein Blickwechsel leichter: Was resultiert eigentlich aus der Mobilität, die die »Deutschen« inzwischen leben? Welche Kompetenzen entstehen, welche fehlen, welche neuen Bilder entstehen. Wer sich selbst als mobil begreift, kann auch anders mit der Frage umgehen, was für soziokulturelle Aspekte Migration mit sich bringt.

Thomas Bauermeister von der Kunsthochschule für Medien in Köln plädierte dafür, die Differenzen nicht weg zu reden. Im Bildungsbereich sei ein Raum nötig, in dem Erfahrungen gemacht, gesammelt oder auch reflektiert werden können, indem erzählt und gespielt wird. Fraglich sei allerdings, ob dies der aktuelle Bildungsbegriff zulasse, formuliere er doch Ziele. Räume, in denen Erfahrungen zu machen möglich sind, sind zwar auch ein Ziel, doch lassen sie sich nicht so gut vermessen. Sie wären eher eine projektorientierte Fläche, auf der alles mögliche passieren kann. Auch Dinge, die sich nicht in einer herkömmlichen Bildungsskala unterbringen ließen.