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Flüchtlingsrat NRW vor dem Aus (18.01.2006)



Die Flüchtlingsarbeit in Nordrhein-Westfalen gerät in Schwierigkeiten. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte für viele soziale Bereiche eine Mittelkürzung von 20 bis 30 Prozent in 2006 angekündigt. Nun aber sollen die Mittel für den Flüchtlingsrat NRW ganz gestrichen werden. Die Beratungsstellen müssen mindestens mit einer Kürzung von 20 Prozent der Mittel rechnen.


Von Manfred Horn

Der Flüchtlingsrat NRW ist eine zentrale Koordinierungsstelle für Flüchtlingsarbeit. Als Dach fungiert er vor allem für die Flüchtlingsinitiativen und Beratungsangebote, die nicht an die großen Wohlfahrtsverbände angeschlossen sind. Als unabhängiges Netzwerk setzt es sich seit vielen Jahren für die Rechte von Flüchtlingen ein.

Dies ist auch nach wie vor dringend notwenig. Die Situation der meisten Flüchtlinge in der Bundesrepublik ist schwierig: Der überwiegende Teil lebt nur mit Duldungen in Deutschland und mit unsicheren rechtlichen und sozialen Perspektiven. Der Flüchtlingsrat NRW hat sich zur Aufgabe gemacht, die Vielzahl von Gruppen, Flüchtlingsräten, Selbsthilfegruppen und Initiativen zu vernetzen und diese Gruppen gegenüber Behörden und politischen Entscheidungsträgern besonders auf Landesebene zu vertreten. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Öffentlichkeitsarbeit. So stellt der Flüchtlingsrat NRW auf seiner Internetseite (http://www.fluechtlingsrat-nrw.de) eine Vielzahl von Informationen zur Verfügung., alle zwei Wochen veröffentlicht er einen Rundbrief.

Der Flüchtlingsrat NRW arbeitet vom Asienhaus in Essen aus. Drei bezahlte Mitarbeiter trugen dort bisher die Hauptlast der Arbeit. Nun dreht das Land den Geldhahn ab. Offiziell wird dies mit dem notwendigen Spardruck begründet. Am ehesten könne man auf der Verwaltungsebene sparen, verlautet es von der Landesregierung in Düsseldorf. Als solche sieht das Land den Flüchtlingsrat NRW. Damit mache es sich das Land aber zu einfach, erklärt der Flüchtlingsrat. Man schule auch viele Ehrenamtliche und koordiniere die Flüchtlingsarbeit in NRW. »Wir vermuten, dass eher das politische Sprachrohr der Flüchtlingsinitiativen gekappt werden soll«, erklärt Barbara Eßer, die für den Bielefelder Flüchtlingsrat Beratungen im Internationalen Begegnungszentrum an der Teutoburger Straße durchführt.

Nun appelliert der Flüchtlingsrat NRW an alle, die darauf Wert legen, dass Flüchtlinge »weiter eine starke Stimme haben«, sich für den Erhalt einzusetzen. »Nur gemeinsam haben wir eine Chance, das Ruder herumzureißen und die drohende Zerschlagung der landesweiten Flüchtlingslobby zu verhindern«, erklärt Stefan Keßler, Vorstandsmitglied des Flüchtlingsrates NRW.

Für eine falsche Entwicklung hält der Flüchtlingsrat NRW, dass die Landesregierung zugleich mehr Geld in Rückkehrberatung stecken will. Noch unter dem ehemalig SPD-geführten Innenministerium sind Rückkehrberatungsstellen eingerichtet worden. Deren Umfang will die jetzige Landesregierung 2006 ausbauen. Ein klares politisches Signal: Die Flüchtlinge sollen nicht beraten werden, wie sie ihren Aufenthalt in Deutschland sichern können. Vielmehr wird ihnen bedeutet: Am liebsten würden wir euch aus diesem Land entfernen.

Offen ist die Situation bei der Flüchtlingsberatung im Internationalen Begegnungszentrum in Bielefeld. Diese wird vom Bielefelder Flüchtlingsrat durchgeführt. Landesweit gibt es 80 Stellen in diesem Bereich, die meisten sind bei den Wohlfahrtsverbänden angesiedelt. 13 dieser Stellen gehören zu unabhängigen Trägervereinen. Hier, so die Vorgabe des Landes, sollen ab 2006 drei Stellen wegfallen. Bei einem Treffen beim Flüchtlingsrat NRW in Essen am vergangenen Samstag versuchten sich die einzelnen Beratungsstellen abzustimmen, also sich selbst drei Stellen zu streichen.