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Flüchtlingsrat NRW vor dem Aus (Teil 2)



Vorläufiges Ergebnis: Am stärksten wird bei regionalen Beratungsstellen in unterversorgten Gebieten gekürzt. Das Land will nämlich »prioritäre Förderung« für die Orte, wo Erstaufnahme stattfindet. Dies ist zur Zeit in Bielefeld über die Zentrale Ausländerbehörde (ZAB) der Fall. Dort kann dann im Asylverfahren beraten werden. Allerdings ist es möglich, dass die Landesregierung in nächster Zeit der ZAB-Bielefeld diese Funktion wegnimmt – dann könnten in Bielefeld keine Asylanträge mehr gestellt werden. Und dann würde auch eine der beiden Stellen bei der Flüchtlingsberatung im IBZ wegfallen.

Solange dies noch nicht der Fall ist, sieht es so aus, als ob die Flüchtlingsberatung weiter mit zwei Stellen arbeitet. Die zweite Stelle ist im Rahmen der regionalen Beratung von Flüchtlingen besetzt., getragen zum Teil direkt vom Land und zum Teil vermittelt über einen Stellenanteil vom Paritätischen Wohlfahrtsverband. Das Land hat sich allerdings noch nicht entschieden, vorläufig arbeiten die beiden Mitarbeiter auf eigenes Risiko. Es wird wohl mindestens bis März dauern, bis das Land sich klar äußert. Wenn das Land nicht zuvor zu Mindestens eine vorläufige Bewilligung ausspricht, sind die Stellen faktisch bis dahin nicht finanziert.


Die Kontoverbindung des Flüchtlingsrats NRW lautet: Bank für Sozialwirtschaft, Köln, BLZ 370 205 00, Konto Nr. 8 05 41 01, Verwendungszweck: FR NRW e. V. Rücklagen Personal- Betriebsmittel




Die Welt zu Gast bei Feinden



Ein Kommentar von Manfred Horn

Die Streichung sämtlicher Mittel seitens des Landes für den Flüchtlingsrat NRW sind ein Skandal. Er zeigt an, welchen Stellenwert unabhängige Beratung von Flüchtlingen in diesem Bundesland zukünftig haben soll: Keinen. Gleiches gilt für die Kürzungen bei den lokalen Beratungsstellen. Dass zugleich die Rückkehrberatung gestärkt wird, zeigt deutlich, aus welcher Richtung der Wind weht.

Die Bundesrepublik wirbt zur Fußball-WM 2006 mit dem Slogan: »Die Welt zu Gast bei Freunden«. Die ZDF-Kindersendung ›Logo‹ behauptet auf ihrer Internetseite allen Ernstes: »In Deutschland bekommen alle Flüchtlinge Asyl, die in ihren Heimatländern bedroht oder sehr ungerecht behandelt werden«.

Verglichen mit der Realität sind beide Aussagen ins Reich der Märchen zu verweisen. Die Wirklichkeit sieht anders aus. Kaum noch ein Flüchtling schafft es bis nach Deutschland. Im Jahr 2005 haben ganze 28.914 Personen in Deutschland Asyl beantragt – rund ein Fünftel weniger als 2004. Ein Trend, der seit der Änderung des Artikels 16 im Grundgesetz 1993 anhält. Und von denjenigen, die es bis in die Bundesrepublik schaffen, bekommen nur rund ein Prozent Asyl. Alle anderen – 99 Prozent – werden nur geduldet und wieder abgeschoben.

Und auch an der Zahl und Art der Abschiebungen ist deutlich zu beobachten, dass die Regierungen für zunehmende Abschottung sorgen: Entgegen ärztlicher Gutachten und in brutalster Weise werden Menschen abgeschoben, wie am vergangenen Wochenende in Rietberg geschehen. Vor Weihnachten kam es auch seitens der Bielefelder Ausländerbehörde zu einem ersten Versuch, Menschen in einer Nacht- und Nebelaktion abzuschieben.

Die Zustände sind dramatisch. In einer solchen Situation ist die vielzitierte Zivilgesellschaft gefragt. Bisher hat sie größtenteils versagt, weil sie sich nicht klar und deutlich gegen Abschiebungen äußert. In einer solchen Situation aber sind Beratungsstellen unabläßlich. Sie abzuschaffen, indem Mittel gekürzt oder gestrichen werden, ist mehr als Signal. Die Mittelkürzung ist Teil einer offiziellen Flüchtlingspolitik, die auf Ausgrenzung setzt statt auf Integration. Eine Politik, die ein wichtiges Element der Gründung der Bundesrepublik, nämlich Verfolgten – auch als Lehre aus dem Nationalsozialismus – Schutz zu bieten, als nichtig erklärt.